digitale gesellschaft

Schwarmintelligenter Staat: Island

Als 2009 die erstaunliche Konstellation einer Koalition aus überwiegend links-grünen Politikern den angemufften rechts-liberalen Premierminister Islands – Geir Haarde – schasste, staunte das restliche Europa schon nicht schlecht. Als der zweitgrößte Inselstaat Europas dann damit begann, eine softe – aber offenbar sehr wirkungsvolle –  digitale (R)Evolution ihrer Regierungs- und Staatsarbeiten zu forcieren, flauten die Berichte in unseren Leitmedien stark ab. Aus Gründen, die sicher jeder der mehr als zwei Gehirnzellen besitzt, zusammenreimen kann. Die verrückten Isländer schufen gar ein Ideen-Ministerium und haben neuerdings auch eine crowdgesourcte Verfassung. Das war dann schließlich und endlich zuviel für den durchschnittlichen Zwei-Gehirnzellen-Europa-Politiker.

Dann die Idee, doch mal eben 1.500 Landsleute per Telefonbuchblätter-Zufall einzuladen und die auch noch direkt mitbestimmen zu lassen,… das klang wie ’ne Mixtur aus Anarchie und Kommunismus. Ich fand’s großartig; habe alle News zu dem Thema aufgesogen, wie ein Anarcho-Schwamm. Unsere Politiker und Medienmacher dagegen zogen ihre Scheuklappen immer enger, bis das Thema endgültig von der Bildfläche verschwunden war. Dann plötzlich hatten wir nämlich alle die Schweinegrippe und es starben Milliarden von Menschen in Europa (wenn ihr noch lebt: pures Glück!).

Der Telepolis-Autor Christoph Mann hat zu dem Thema einen wirklich wunderbaren Artikel geschrieben: 

Was dabei herausgekommen ist? Ein Manifest der „Umsonst-Kultur“, ein Shitstorm vertrollter Netzkinder, die Weisheit der Masse, die Zukunft der Demokratie? Das kann jeder nachlesen, im Internet. Schwerpunkte der Neuerungen bilden Gewaltenteilung, Umweltschutz, Informationsfreiheit, Ressourcen, Transparenz und Mitbestimmung.

Kann man das denn alles überhaupt auf unsere schöne deutsche Republik übertragen? mag da jemand berechtigterweise einwerfen. Die Antwort ist: Nein. Wir hatten nämlich noch keinen Totalcrash. Dafür aber ’ne Partei mit Piraten drinne.