Der Spiegel ist genau so doof wie das MIT

Penner

Den Spiegel kennt ihr, ne? Muss ich nicht verlinken, das Saftblatt. Das MIT auch? Dieses Massachusetts Institute of Technology, wo alle bösen Roboter herkommen und es dann wieder keiner gewesen sein will? Der Spiegel jedenfalls hat heute einen Artikel drinne, ….der ist so doof, dass ich (fast) nicht mal mehr darüber lachen kann. Der ist unterfüttert mit unglaublichen News aus dem Sillicon Valley und lautet: Maschinen verdrängen Menschen. Oh Schreck! Wartet. Das hatte ich vor 17 Jahren in Klasse 9: Automatisierung! Maschinenherrschaft! Arbeitsplätze! Wir werden alle sterben! Jesses! 

Der Tenor des Artikels ist der, dass wir (westliche / IT-Gesellschaft) viel zu viel am Rechner hocken, alles digital bewerkstelligen und deshalb – oh Wunder – dauerhaft höhere Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne zu erwarten haben. Hier ein Auszug: 

Der große Verlierer der neuen digitalen Weltordnung sei die Mittelklasse. Gehe die Entwicklung so weiter, würden zwangsweise „die Märkte schrumpfen und der Kapitalismus kollabieren

Ach was. Der Kapitalismus ist in Gefahr. Holland ist in Not. In China gibt es Reis. Klasse. – Jedenfalls warnt das MIT eindringlich davor, dass die digitale Revolution zum globalen Problem für die Arbeitsmärkte werden kann, denn sie vernichtet ja Jobs schneller, als das sie neue schafft, so die Fachmänner aus Massachusetts. Und hier nun mein boshafter, linkischer, weltverschwörerischer Gedankengang dazu: Denen geht es gar nicht um sinkende Löhne oder um Menschen ohne Arbeit. Denen geht es um Menschen ohne Arbeit, die dann den Kopf mal frei haben für andere Dingen. Denkende Menschen passen nämlich nicht ins Konzept, die sollen alle ja schön rumroboten gehen. Ich mein‘: Was soll das denn für eine Warnung sein? Geht’s noch? Als hätten die Kollegen im Jahre 4000 vor Christus nach der erfolgreichen Erfindung des Rades anschliessend gesagt: Achtung! Achtung! Liebe Menschen! Ihr werdet in Zukunft weniger Arbeit haben! Bitte stellt euch auf Müßiggang ein, denkt mal über euer Leben nach, aber lasst ja uns Erfinder und Wirtschaftsspekulanten in Ruhe! 

Weniger Arbeit. Jetzt habe ich Angst. Ist klar. Wie alt ist die Idee noch mal, dass Technologie unser Leben vereinfachen soll; es besser, bequemer und angenehmer machen soll? Ich sage es euch: Seit dem der erste Mensch die Idee eines ersten Werkzeuges hatte. Recht alt also, könnte man sagen. Ergo: Diskussionen wie die über das bedingungslose Grundeinkommen, das Zurückfahren der Produktivität, das politische Platzieren eines Weniger-ist-Mehr-Gedanken (anstelle von ewigem CDU-Wachstum), das Einführen einer 4-Tage-Woche, und andere fortschrittliche – ja eher sogar – zeitgemäße Ansätze sind notwendig. Aber klar, lieber spuckt da so ein Ami-MIT in sämtliche Leitmedien dieses Planeten und warnt uns vor unserer eigenen Bequemlichkeit. Warnt uns davor, doch gefälligst schaffen zu gehen und ja nicht den Kopf für schönere Dinge frei zu machen. Wagt euch!…so lese ich das jedenfalls beim Spiegel. Mir macht das alles keine Angst, ich wünsche mir gar eine Zukunft, in der uns die Technologie soviel dämliche Arbeit abnimmt, dass wir wieder Zeit zum Dichten und denken bekommen.

Call-Center-Mitarbeiter werden durch Telefon-Roboter ersetzt, Anwaltsgehilfen durch Computerprogramme, die Dokumente schneller und besser durchkämmen.

Na dann: Herzlichen Glückwunsch, Herr Callcenter, sie haben nun frei und möchten möglicherweise mal etwas ans Meer fahren. Und hier noch ihr pauschales, europaweit gültiges Urlaubsgeld, direkt schwarmfinanziert von uns – der Gesellschaft – die sie nun nach jahrelanger Überproduktion und Wohlstandextremismus in den wohlverdienten Urlaub schickt. 

…geht man den Umfragen nach, bin ich (sind wir?) aber doch noch fast die einzigen, die zum Beispiel gerne (!) 5€ im Monat vom Brutto abzwacken würden, damit die hübsche dunkelhaarige Studentin (Mitte 20, naturinteressiert und vegan lebend) mal mit den Öffentlichen (ich hasse die!) ins Grüne fahren kann. Das verstimmt mich zwar etwas, an eine Warnung vor weniger Arbeit habe ich aber trotzdem noch nie geglaubt; und drüber reden, wie wir mit weniger Maloche klarkommen wollen, müssten wir ja dann eh bald mal. 

  • Link zum Spiegel-Artikel: Heute mal nicht.
  • Bild: von hier

One thought on “Der Spiegel ist genau so doof wie das MIT

  1. ma_il says:

    Hier passt eben mal wieder alles zusammen: die gleichen Parteien, die hierzulande am wenigsten Ahnung von Technologie haben, sind die gleichen, die Vollbeschaeftigung in ihrem Parteiprogramm haben.

    Voellig realitaetsfremd! In der IT-Branche arbeiten weltweit hunderttausende kluge Koepfe daran, die Jobs anderer Leute (und irgendwann ihre eigenen) ueberfluessig zu machen. Wenn man sich auch nur ein wenig auskennt, ist das offensichtlich, dazu braucht es keiner Studie des MIT – auch wenn es natuerlich schoen ist, sowas wissenschaftlich untermauert zu bekommen.

    Und natuerlich ist es unwuerdig, einen Menschen eine Arbeit machen zu lassen, die genausogut ein Computer erledigen kann. Nachdenken fuer zwei Cent wuenscht man sich da.

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