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Public Space: Macht kaputt, was euch…ok, fast!

Ich hol‘ mal gerade (zur Unterfütterung des Videos und der ziemlich großartigen Aktion darin) etwas aus. Oft, wenn es in Gesprächen um meine Haltung zu den Themen Staat, Anarchie und Selbst/Fremdbestimmung geht, sage ich, dass ich nicht glaube…nicht glauben will, dass die Menschen so blöde und scheisse sind, wie es uns die Holzmedien wie BILD und RTLII oft weiß machen wollen. Ich vertrete dann meist den Standpunkt: Lasst die Menschen doch mal machen. Die Zeiten von noch mehr Regularien, weiteren Sicherheitszäunen und dämlichen Schildern sind vorbei; der Mensch als selbstbestimmtes Wesen war und ist nie eine Utopie gewesen; ich möchte einfach daran glauben, dass wenn morgen der Staat und seine Exekutive den Dienst einstellen, es uns zumindest mal nicht schlechter gehen wird. Klar ist mir aber auch, dass in jeder Gruppe in der sich mehr als vier Menschen zusammenfinden, zumindest ein kleines Regelwerk von Nöten ist. Ob das dann zwingend hierarchisch organisiert und exekutiert werden muss, ist noch mal eine andere Frage (persönlich denke ich – und auch das ist ein grund-anarchistischer Ansatz – dass man – sollten Ungereimtheiten auftauchen – man solange diskutieren und schwätzen MUSS, bis die Hierarchie auf der flachsten aller Ebenen angekommen ist; möglicherweise gar nicht mehr nötig ist. Weil man – und sei es nach einem Dutzend durchdiskutierter Jahre – sich wieder auf nicht-hierarchischer Augenhöhe begegnen kann.) Gewalt ist keine Option. Nie. Und genau das ist auch einer der Gründe, warum ich ein grundsätzliches Problem mit dem Berufsbild des Polizisten (etc) habe. Deren Existenz ist nämlich – wie bekannt – die Staats-Gewalt und somit mit meinem Teilzeit-anarchistischem Weltbild  definitiv nicht in Einklang zu bringen. – Punkt –  

Zurück zum Video: Mir ist das Projekt bekannt; das Video dazu kannte ich noch nicht. Daher führe ich seit einigen Jahren in den eben erwähnten Diskussionen auch immer gerne dieses Beispiel ins Feld. Da sitzt mir dann oft eine/r gegenüber der sowas sagt wie: „Ja, aber so ganz ohne Regeln geht es ja nun auch nicht“. Ich: „Nein, GANZ ohne Regeln ist ja auch dieses Projekt nicht gedacht. Die Regel Ellebogen wird durch die Regel Augenkontakt ersetzt und die Regel Vordrängeln durch die Regel Rücksichtnahme.“

Der Erfolg des offenen Verkehrs-Projektes spricht für sich: Die Unfallquote ist quasi nicht mehr zu messen, der Verkehr fließt besser als je zuvor. Und warum? Weil die Menschen einfach mal machen, statt sich erneut einsperren und zer-regeln zu lassen. 

Im Klartext: Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses freiheitlich-anarchistische Verkehrsprojekt sich auf viele andere Lebensbereiche anwenden lässt: Gibt man den Menschen etwas mehr Verantwortung zurück; lässt sie selbstbestimmt entscheiden, so werden sie diese positiv benutzen und das richtige tun. Oft, nicht immer. 

Es kann mir doch keiner erzählen, dass dieser Schilderwald hier in Köln die bessere Lösung sei. Nie im Leben. Ich könnte das jetzt noch weiter ausbauen; mit Daten unterfüttern, und euch was davon erzählen, dass der durchschnittliche Verkehrteilnehmer hier in Köln im Schnitt etwa jedes zweite Verkehrschild übersieht; somit missachtet und sich in eine strafbare Zone manövriert. Zum Brechen, das.

Mal anders gefragt: Was gilt für euch mehr? Ein Schild, welches signalisiert, dass ihr dieses oder jenes nicht dürft, oder ein Mensch, der euch mit Augenkontakt anzeigt, dass er gerne zuerst fahren würde?