Der Anarchist hat da mal ’ne Frage!


Weiter geht's, sach' ich ja. Eine weitere äußerst interessante Informationsquelle ist die Website gonzotimes.com. Die hat zum Beispiel diese Subline hier: Politicians Are Decadent And Depraved. So geht das. (Und das schicke Bild oben gab's da auch. Nur damit man weiß, in welcher Mannschaft man spielt.)

Leser haben die auch. Einer heißt Aidan und hat da mal 'ne Frage:

Im an anarchist…

I’ve just recently realized how wrong I was about things though…

I thought that when Obama came into office, real democracy would come into order…
Now i’m not so sure..
I can’t trust politicians, I can’t trust are hypocritical, bull!@#$ laws, and definitely cannot trust the police.

God, are country is one of ignorance… I’m personally, for liberalism, I think right now were STARTING to become a more liberal country….
Its good, but were still !@#$’ed at the moment… I personally don’t follow their laws, I follow mine, it just so happens that many of my rules agree with theirs. Basic one’s, like don’t kill, don’t steal, etc. but some don’t. I disagree with the illegalization of drugs highly, to the point were I would do them just to show my rebellion. Though Addiction would be something I would stay away from as hard as i could….

But I have a question… How exactly would a country with no laws work? It wouldn’t even be a country right? Im a little confused with this, could you shed some light?

Und Punk Johnny Cash von gonzotimes.com hat natürlich auch eine Antwort am Start. Die lest ihr gleich; hier nur mal ein kleiner Auszug:

The one thing I want to leave you with is that Anarchism is not what many paint or perceive it to be. It is not Utopia and it is not Chaos. It is structuring society in a civilized manner free of force and coercion under voluntary means. Never avoid the problems that exist, even if the government has claimed to be the only solution, embrace them and confront those problems head on without the initiation of aggression for that is the way of the state

10 thoughts on “Der Anarchist hat da mal ’ne Frage!

  1. Cautes says:

     
    Ja, "wir" sind schon eine ganz schön facettenreiche Gruppierung, gell? ;)
    Schöner Artikel übrigens. Habe mir die Gonzotimes gleich mal in den RSS-Feed gepackt. Übrigens: Da du gerade im Begriff zu sein scheinst, Material über Anarchismus zu sammeln, kann ich dir den Tipp geben, mal auf FreeDomainRadio.com vorbeizuschauen. Gibt da 'ne Menge kostenlose (Audio)Bücher und Podcasts – lohnt sich. :D

  2. Chris says:

    Ein Merkmal dafür ist die klare Abgrenzung von "den Anderen", ja ;)

    Ich surf mal rüber, danke für den Tipp, Cautes.

  3. Cautes says:

    Die Differenzen entstehen – nach meiner Erfahrung – vor allem deswegen, weil oft Unklarheit über die benutzte Terminologie herrscht. Signalworte werden von den einzelnen Fraktionen leider viel zu selten klar definiert. Im Herzen sind alle "richtigen" Anarchisten allerdings ohnehin Anarcho-Pluralisten. :D
    Noch ein kurzer Nachschub zu FreeDomainRadio: Wenn Molyneux anfängt, von Dingen wie der Existenz eines "freien Willens" oder von "universell vorzuziehenden Verhaltensweisen" zu reden, sollte man Vorsicht walten lassen. Erstes ist natürlich ganz schöner Blödsinn und letzteres unglaublich schwammig. Er setzt – und das ist auch mein bisher größter Kritikpunkt an ihm – leider recht häufig darauf, Thesen nicht mit stringenter und sinnvoller Argumentation, sondern mit emotional geladenen Assoziationsketten zu untermauern. Das Material ist trotzdem sehr gut – für den Anfang. ;)

  4. mb says:

    Irgendwie find ich es seltsam Richtungen gleichberechtigt zusammenzustellen die teilweise nicht mehr viel miteinander beziehungsweise mit anarchistischen Grundgedanken gemeinsam haben (die Grafik ist übrigens ursprünglich aus der englischen Wiki). Etwa den sogenannten "Anarchokapitalismus" der auf mich bisher eher den Eindruck des feuchten Wunschtraums der (Neo-) Liberalen macht, beziehungsweise halt schon als Begriff einen Widerspruch in sich darstellt. Ähnlich siehts da mit dem Primitivismus aus, da hat das "Anarcho" davor imho auch nichts verloren. Beide Richtungen tendieren letztlich zu hierarchischen, anti-emanzipatorischen Gesellschaften und einem Neustart der alten Unterdrückungsverhältnisse ohne es explizit zu wollen. Vielleicht sitz ich da auch einem Missverständnis aufgrund der Terminologie etc auf, aber bisherige Gespräche mit Vertreter_innen beider Richtungen und diesbezügliche Texte die ich bisher gelesen habe machen mich darüber auch nicht gerade glücklicher als über die Existenz selbsternannter National-Anarchist_innen.
    Ich finde den Artikel ja großteils ganz gut, mit der Ausnahme dieses Gewaltaxioms als unhinterfragbarem, anarchistischen Grundgedanken. Also, erstmal ist die anarchistische Geschichte teils aus gutem, teils aus weniger gutem Grund nicht gerade gewaltfrei, die Gleichsetzung von Gewalt gegen Personen und Dinge find ich einfach nur beschissen ("Scheiben splittern und ihr schreit…"), verbale, psychische und strukturelle Gewalt sind ausgeblendet und naja, ich sehe kein Menschenrecht auf Privateigentum. An Produktionsmitteln schonmal garnicht. Da halte ich es eher mit Kalle Marx und seinem
    "…kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ "
    http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm
    Aber ja, Pluralismus ist prinzipiell gut, das A im Kreis zu verwenden könnte ich nichtmal H+M untersagen, selbst wenn ich wollte. Und Farben gehören sowieso niemals einer Richtung allein, sonst müsste die schwarze Fahne wohl demnächst zuhause bleiben weil ich nicht für autonome Nationalisten und die CDU demonstrieren mag. ^^

  5. mb says:

    Oh, doch keine Bilder in den Comments? Dann als Link.
    http://media.tumblr.com/tumblr_l276zsZwEQ1qakjmy.png

  6. Cautes says:

     
     
    Bezüglich der Frage, was der gemeinsame Nenner aller Anarcho-Gesinnungen ist, würde ich antworten, dass stets staatenlose Gesellschaften als Ziel des sozialen Wandels gelten. Etwas, vor dem die "(Neo)-Liberalen" in jedem Falle panische Angst haben müssten, da der gesamte Markt, den sie mit Überzeugung unterstützen, auf Staatsgewalt und nicht auf den Prinzipien eines vollständig freien Marktes basiert.
    Ich stimme zu, dass Hierarchien im Anarcho-Kapitalismus nicht komplett verschwinden werden, allerdings sehe ich darin kein großes Problem, da diese in einer staatenlosen Gesellschaft logischerweise weitaus kurzlebiger und flexibler sein werden. Zudem denke ich, dass es in einigen Bereichen durchaus Sinn macht, seine eigene Einschätzungsfähigkeit unterzuordnen. Um Bakunin zu zitieren:
    "Does it follow that I reject all authority? Far from me such a thought. In the matter of boots, I refer to the authority of the bootmaker; concerning houses, canals, or railroads, I consult that of the architect or the engineer. For such or such special knowledge I apply to such or such a savant. But I allow neither the bootmaker nor the architect nor the savant to impose his authority upon me. I listen to them freely and with all the respect merited by their intelligence, their character, their knowledge, reserving always my incontestable right of criticism and censure. I do not content myself with consulting a single authority in any special branch; I consult several; I compare their opinions, and choose that which seems to me the soundest. But I recognise no infallible authority, even in special questions; consequently, whatever respect I may have for the honesty and the sincerity of such or such an individual, I have no absolute faith in any person. Such a faith would be fatal to my reason, to my liberty, and even to the success of my undertakings; it would immediately transform me into a stupid slave, an instrument of the will and interests of others."
    (Quelle: http://www.panarchy.org/bakunin/authority.1871.html)


    Wie du darauf kommst, dass Anarcho-Kapitalismus leicht zu einer anti-emanzipatorischen Gesellschaft und "einem Neustart der alten Unterdrückungsverhältnisse" tendiere, "ohne es explizit zu wollen", ist mir nicht ganz klar. Kannst du das ein bisschen ausführen? :)


    Hinsichtlich der "Anarcho-Nationalisten" gehe ich davon aus, dass du die "Anarcho-Tribalisten/Rassisten" meinst, oder? Ja, deren Ideologie finde ich auch furchtbar, würde aber nicht mit Gewalt gegen sie vorgehen, wenn sie friedlich (!) versuchen würden, sich nur mit ihresgleichen zu assoziieren. Allerdings würde ich mich mit solchen Leuten weder sozialisieren wollen, noch mit ihnen auf irgendeine Weise interagieren. Zudem würde ich in einer Anarcho-Kapitalistischen-Gesellschaft z.B. auch keiner DRO beitreten, die Handel mit dieser Sub-Gruppierung nicht untersagt.


    Im Bezug auf die Anwendung von Gewalt ist mir klar, dass diese in der Vergangenheit häufig zum Einsatz kam, wenn es darum ging, durch die Propaganda der Tat die gewünschte soziale Revolution herbeizuführen, ich persönlich halte diesen Ansatz aber für wirkungslos und im schlimmsten Falle kontraproduktiv. Entweder macht sich der Staat die Gewaltakte zu Nutzen und sammelt dadurch Sympathiepunkte bei der Bevölkerung, oder die Revolution ist erfolgreich, allerdings nicht auf geistigem Fortschritt-, sondern auf unreflektiertem Reflexverhalten der Menschen begründet, was, wie Will Durant schon einmal anmerkte, dazu führt, dass die Revoluzzer die Tyrannei wieder herstellen müssen, um überleben zu können. Um Emma Goldman zu zitieren:
    "I know that in the past every great political and social change, necessitated violence….Yet it is one thing to employ violence in combat as a means of defence. It is quiet another thing to make a principle of terrorism, to institutionalise it to assign it the most vital place in the social struggle. Such terrorism begets counter-revolution and in turn itself becomes counter-revolutionary."

    (Quelle: http://flag.blackened.net/revolt/talks/goldman.html)
     


    Natürlich sind "Menschenrechte auf Privateigentum" Blödsinn, da "Rechte" generell nicht existieren, aber ich halte es durchaus für angebracht, die Arbeit anderer Menschen und deren Früchte zu achten. Nach meiner Meinung, ist dieser Respekt ein wichtiger Grundpfeiler einer friedlichen Gesellschaft. Verbale, psychische und strukturelle Gewalt darf natürlich nicht ausgeblendet werden, Gewalt gegen das, was viele als Privateigentum bezeichnen würden, aber auch nicht. Bedenke, dass "Eigentum" nichts ist, das man logisch herleiten oder verneinen kann (auch wenn es viele versucht haben), sondern etwas, dass sich aus dem intersubjektiven sozialen Konsens ergibt. Das gilt auch für Produktionsmittel. ;)

  7. mb says:

    Wie du darauf kommst, dass Anarcho-Kapitalismus leicht zu einer anti-emanzipatorischen Gesellschaft und "einem Neustart der alten Unterdrückungsverhältnisse" tendiere, "ohne es explizit zu wollen", ist mir nicht ganz klar. Kannst du das ein bisschen ausführen? :)
    Nur kurz, weil wenig Zeit. Wir trennen uns da beim Eigentum, das meiner Begrifflichkeit Objekte sind, auf deren exklusive Verfügbarkeit Einzelpersonen oder Gruppen einen Machtanspruch haben. Privateigentum muss im Wirtschaftsanarchismus immer noch mittels Gewalt geschützt werden, denn sonst verliert es seinen Status als solches sobald jemand den von dir angesprochenen Konsens durchbricht. Diese Gewalt, ob selbst ausgeübt, oder an private Sicherheitsdienstleister_innen oder Söldner_innen delegiert wird höchstwahrscheinlich mit der Zeit in feste Strukturen münden. Auch wenn sie es nicht tut, bleibt ein Ungleichgewicht der Mittel und exklusive Verfügung über diese ein Machtfaktor. Mal abgesehen davon, dass ich weiterhin gezwungen bin zu konkurrieren, und es praktisch notwendig ist, die Exklusivität der Güter über die ich verfüge noch zu erhöhen und immer mehr davon zu akkumulieren wenn ich mich absichern möchte. An den heutigen Abhängigkeitsverhältnissen ändert sich nichts, es besteht auch keine Gleichberechtigung. Menschen mit schlechter materieller oder körperlicher Ausgangsbasis haben das nachsehen. In dem Fall wäre noch nicht einmal ein Staat da, der sie stützt.
    Du kannst keine Gewalt gegen Eigentum verüben, es ist nicht empfindungsfähig. Es sei denn du beziehst Eigentum an Menschen oder Tieren mit ein, dem würde ich persönlich mich aber verweigern. ;) Möglicherweise ist die "physische Gewalt gegen Eigentum" gleichzeitig "psychische Gewalt gegen dessen Besitzer_in", besonders wenn es sich um Dinge handelt zu denen bei dieser/diesem eine enge Bindung besteht. "Physische" wäre es dann, wenn besagtes Eigentum zum Überleben gebraucht wird und keine Alternative existiert.
    Eigentum existiert in dem Sinne genausowenig wie Rechte. Du hast aber ganz Recht, beides wird durch gesellschaftliche Anerkennung legitimiert und durch ihr Fehlen deligitimiert. Im Moment wird Privateigentum zusätzlich durch ein staatliches Gewaltmonopol gesichert. Dieses würde aber mit dem Staat wegfallen, andere überregional gültige Abmachungen müssten an dessen Stelle treten und auch verteidigt werden, denn sie wären weiterhin exklusiver Natur. Am Ende sitzt der geneigte Wirtschaftsanarchist entweder wieder mit einem Staat da oder mit einer semifeudalen Oligarchie. Willkommen Cyberpunk – Megakons. ^^
    Selbständigkeit und wirtschaftliche Autonomie für jede_n wird es in einer modernen, gloablisierten Gesellschaft nicht geben können, dazu gibt es zuviele Interdependenzen. Genauso wie es Quatsch ist, dass der Staat Monopolbildung erst ermöglicht. Der Staat monopolisiert vielleicht selbst vitale Industriebereiche (zB Transportweesen, oder natürliche Monopole etwa Erdöl in Venezuela) ansonsten steht er Kartellbildung eher im Wege. Anarchokapitalist_innen behaupten jetzt, wenn es den Staat nicht gäbe könnten Monopole stets unterlaufen werden. Da stellt sich mir aber die Frage was die erfolgreichen Kapitalist_innen ab einer gewissen Machtbasis dann noch davon abhält ihre Konkurrenz mit unlauteren Methoden aus dem Weg zu schaffen. 
    Im übrigen finde ich es interessant, das du von Staatenlosigkeit und nicht von Herrschaftsfreiheit sprichst, welche ich als Scheidepunkt eines Anarchismus der diesen Namen verdient, von anderen politischen Richtungen sehen würde. Würdest du das tun, müsstest du andere, intersektionale Unterdrückungsverhältnisse ökonomischer Art, sowie Sexismus, Rassismus, Speziesismus (je nachdem) mit einbeziehen. 
    Bzgl. Bakunin, hast du Gott und der Staat komplett gelesen? Dann sollte dir eigentlich der Kontext dieses Zitats geläufig sein, und das du es nicht wirklich nutzen kannst um, dich auf Bakunin berufend, auch nur kurzfristige Hierarchien irgendeiner Art zu rechtfertigen. Eigentlich stellt er das ja auch innerhalb deines Zitats nochmal klar, im Anschluss darauf nochmal deutlicher.
    Falls nicht:  http://www.anarchismus.at/txt2/bakunin6.htm
    Es gibt da noch ein anderes schönes Zitat von ihm. ^^
    "Wir sind überzeugt, dass Freiheit ohne Sozialismus Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit, und Sozialismus ohne Freiheit Sklaverei und Brutalität bedeutet" aus Die revolutionäre Frage. Föderalismus, Sozialismus. Antitheologismus.
    Naja, ich habe aber eigentlich keine Lust aufs Theoretiker_innen – Bingo und sowieso schon zuviel geschrieben.
    Ich würde noch gerne was zu Gewalt loswerden (Selbstverteidigung gegen strukturelle Gewalt), aber das ein andermal.
     
     
     
     

  8. Cautes says:

     
    Ja, du hast Recht, dass der Anspruch auf Privateigentum notfalls mit Gewalt verteidigt werden müsste, allerdings stellt sich hier die Frage aus welchem Kontext diese Gewalt angewendet wird und wie sie sich äußert. Was den Kontext angeht, muss man sich in Erinnerung rufen, dass alles, was im Besitz eines Individuums ist, von diesem erst durch Konsumverzicht und anschließender Kapitalinvestition erlangt werden musste. Er hat also ein Opfer gebracht hat, um das gewünschte Objekt sein Eigentum nennen zu dürfen. (Dieser Prozess der selbstregulierenden Ressourcenverteilung wäre in einer Welt der Knappheit momentan noch recht sinnvoll. Das ist allerdings ein anderes Thema.) Durch dieses "Aufopfern", bzw. durch diese Investition identifiziert sich das Individuum auf eine Weise mit dem erwirtschafteten Objekt, was dazu führt, das Nichtanerkennung der Arbeit, die man in es investiert hat, als Angriff auf die eigene Person erlebt wird. (Beispiele: Das eigene Haus wird in Brand gesteckt, das Auto wird entwendet oder zerstört, etc.)
    Diese Sichtweise macht es in meinen Augen verständlich, warum viele bereit wären, sich für die Wahrung ihres Privateigentums einzusetzen und dieses notfalls mit Gewalt zu verteidigen. Nun allerdings zu dem weitaus wichtigeren Punkt: der Art wie sich diese Gewalt äußerst.
    Generell gibt es natürlich viele unterschiedliche Einstellungen, wie eine DRO sich Problemen wie Diebstahl annehmen könnte, diejenige, die die meisten Anarcho-Kapitalisten, mit denen ich gesprochen habe, hochalten, die auch mir am besten gefällt, hat allerdings einen sehr friedvollen Ansatz:
    sie setzt auf gezielte Handelsboykotte.
    Das würde in der Praxis so funktionieren, dass Leute, die sich – aus welchem Grund auch immer – sozial destruktiv verhalten, nicht mehr in der Lage wären, mit Leuten Handel zu treiben, die ebenfalls in der DRO sind, oder zu Partnerorganisationen derselbigen zählen.
    Während diese Methodik das Konzept des externen Privateigentums sichern würde, müsste das "interne" Eigentum, der "Besitz" des eigenen Körpers, notfalls auch mit körperlicher Gewalt geschützt werden – im Rahmen der Selbstverteidigung. Hier geht deine Definition von Eigentum mit der Anarcho-Kapitalistischen-Eigentumsvorstellung konform: Objekte, auf deren exklusive Verfügbarkeit Gruppen oder – in dem Fall – Einzelpersonen einen Machtanspruch haben. Das eigene Selbst passt da – zumindest nach Selbstwahrnehmung – gut ins Bild.
    Eigentlich sind unsere Positionen gar nicht so weit voneinander entfernt und – wie du im Laufe dieses Textes merken wirst – sind unsere Vorstellungen über das, was am Ende einer funktionstüchtigen anarchistischen Gesellschaft stehen sollte, kaum mehr auseinanderzuhalten. ;)
    Schon jetzt, in der theoretischen frühen Anarcho-Kapitalistischen-Phase, lehnen wir beide geistiges Eigentum und angeborene Rechte ab, glauben, dass der eigene Körper dem Individuum untersteht, andere also nicht über ihn zu entscheiden haben, dass Freiheit des Einzelnen über starren Hierarchien stehen sollte und das die Entfesselung und Befreiung der Menschheit von selbstauferlegter Staatsherrschaft schlussendliches Ziel der Unternehmung ist.
    Ja, du glaubst, dass DROs wieder in derartigen festen Strukturen münden würden, doch ich kann dir versichern, dass dies aufgrund der zu erwarteten Vielfalt dieser Organisationen ein Ding der Unmöglichkeit ist. 
    Stelle dir abertausenden DROs vor, die teilweise ebenso schnell vergehen, wie sie entstanden sind, die alle gegeneinander konkurrieren, wer am effektivsten eine friedliche und glückliche Gesellschaft sichern kann, während zugleich so wenig wie möglich in das Privatleben der Menschen einzugreifen und Gewalt – so gut wie möglich – aus dem Weg zu gehen.
    Du wirst lachen, während ich diese Antwort schrieb, wollte ich exakt an dieser Stelle das Bakunin-Zitat bringen, dass du am Ende deines Textes eingefügt hast – denn es gibt zwei Missverständnisse, die ich klarstellen wollte.
     
    Hierarchische Strukturen, wie sie jetzt existieren, sind nicht wünschenswert und in einer anarchischen Gesellschaft nicht denkbar – auch nicht im Anarcho-Kapitalismus. Das "Bootmaker"-Zitat von Bakunin habe ich nicht angeführt, um feste Machtstrukturen zu rechtfertigen, was, wie du korrekt angemerkt hast, unreflektiert gewesen wäre, sondern um die Art von "Hierarchie" dazustellen, die man im Anarcho-Kapitalismus zu erwarten hätte: selbst gewählte, freiwillige und temporäre Unterordnung der eigenen Einschätzungsfähigkeit einer Situation unter eine andere Autorität
    Dagegen könnte man argumentieren, dass man das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder DRO-Vorstand und DRO-Kundschaft als klassische Hierarchie deuten könnte, allerdings sind sowohl der Arbeitsmarkt als auch – wie oben beschrieben – der DRO-Markt situationsbedingt weitaus schnelllebiger und flexibler, als man es in Staats-Kapitalistischen-System erwarten würde. Stelle dir Verhältnisse vor, in denen geebnete Firmenstrukturen, eventuell mit Arbeiterselbstverwaltung, vorherrschen und sich dies durch die gesamte Gesellschaft zieht.
     
    Das zweite Missverständnis, auf das ich mich beziehen wollte, beschäftigt sich mit eventuellen Abhängigkeitsverhältnissen, Gleichberechtigung und dem Nachsehen, das Leute mit körperlicher oder geistiger Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt oder in der Gesellschaft haben würden:
    Ebenso wie DROs konkurrieren, haben mehrere Geldsysteme die Chance ihre Vorteile in der Praxis zu demonstrieren. Es ist logisch nachvollziehbar, dass sich schlussendlich das Geldsystem behaupten wird, welches die Freiheit und Unabhängigkeit des Einzelnen am effektivsten fördert und den größten Reichtum schaffen kann. Dass das ein System der sozialen Absicherung, einer Art des Grundeinkommens beinhaltet, ist zu erwarten. Denke an XI, das Bitcoin-System, das Social-Credit-System nach C.H. Douglas oder an eine abgeleiteten Version der nationalen Dividende. Konzepte gibt es viele – und da der Staat fehlt, können auch alle ausprobiert werden. ;)
     
    Ja, du prophezeist, dass die DROs Gefahr laufen, in einem Staat zu münden, oder am Schluss globale Megakonzerne die Welt regieren, doch Monopolbildung dieser Art benötigt – wie du auch schon Anarcho-Kapitalisten zitiert hast – einen Staat als Grundvoraussetzung. In diesem Punkt, dass Monopole auch ohne zutun des Staates entstehen können, denke ich, irrst du dich. Die Grundvorraussetzung für jedes Monopol sind universell existente Markteintrittsbarrieren, staatliche Absicherung des geistigen Eigentums, Subventionen, irrational günstige Verkäufe/Übergaben von Land, bzw. Eigentum an Ressourcen, Privatisierungen von Unternehmen/Organisationen/Zuständigkeitsbereichen, die zuvor in staatlicher Hand waren und rechtliche Privilegien die Monstrositäten wie Konzerne überhaupt erst ermöglichen – auch diese wären in einem freien Markt nicht fähig zu überleben. Allesamt furchtbare Sache – und nur dank des Staates möglich. ;)
    In der Theorie mag man sich denken, dass ein Firmenchef versuchen könnte, sich seiner Konkurrenz mit unlauteren Methoden zu entsorgen, doch dafür gibt es ja DROs, nicht wahr?. :D
    Allerdings gebe ich dir Recht, dass Kartellbildung möglich ist – die sind aber nur temporär und würden in einem freien Markt sehr schnell zerfallen. Wenn sich z.B. fünf Firmen zusammenfinden, den Preis von einem Gut künstlich hoch zu halten, hebt das die Motivation Dritter, sich ebenfalls in diesem Markt zu versuchen, was den Preis natürlich wieder senken würde, oder es stimuliert das Verlangen einer (oder mehrerer) Firmen im Kartell, das selbige zum eigenen Vorteil wieder zu brechen.
     
    Nun aber nochmals zum Thema Gewalt und etwaigen Unterdrückungsverhältnissen zurück:
    Ich bin gegen Unterdrückungsverhältnisse jeder Art, sofern es möglich ist, diese ohne Anwendung von Gewalt zu beseitigen. :)
    Speziesismus ist ein Feld, wo ich mir hingegen noch nicht sicher bin, wie ich dazu stehen soll. Ich bin allerdings trotzdem (wie die meisten Anarchisten die ich kenne, vor allem dann, wenn sie Anarcho-Kapitalisten sind) Vegetarier, mit dem Plan irgendwann zum Veganer zu werden, und dann komplett auf Labor-Nahrung umzusteigen, sobald Nanotechnologie weit genug entwickelt ist, da alles andere mit der Ablehnung von Gewalt nicht zu vereinbaren wäre. Du wirst lachen, sogar Mücken fange ich in meinem Haus mit einem Glas ein, um sie dann lebend wieder in die Freiheit zu entlassen. :D
     
    Zum Schluss wollte ich noch sagen, was ich mir als Endergebnis einer anarcho-kapitalistischen Gesellschaft erhoffe.
    Was ich mir wünsche, ist derart rapider technologischer Fortschritt, dass der Übergang in ein Szenario ermöglicht wird, in dem Knappheit von Energie, von Ressourcen und allen erdenklichen Objekten kein Thema mehr ist und die Menschen als unsterbliche Halbgötter in Raumschiffen durch das Universum rasen.
    Ein Übergang von einer Gesellschaft des Besitzes, in eine Gesellschaft der Verfügbarkeit. DAS ist mein persönlicher Traum und der Punkt, an dem Anarcho-Kapitalismus, -Kommunismus und -Sozialismus zusammenfinden, auch wenn der Weg dorthin ein anderer war.
     
    Ich finde es übrigens toll, dass du dich so auf die Diskussion einlässt. Respekt! :)
    Dein Blog, den du hier in den Kommentaren verlinkt hast, ist übrigens auch klasse. Hast einen sehr guten Geschmack, alles genau mein Stil – und einige meiner Lieblingsseiten hast du auch verlinkt. Space Collective! Kam gleich in meinen RSS-Feed. :D

  9. mb says:

     
    Finde die Diskussion bisher auch ganz angenehm. ^^ Entschuldige die Textmenge, hat sich so ergeben und jetzt noch die Zeit aufwenden das prägnanter zu zu formulieren… ^^
    Wäre ich dir aber eigentlich schuldig, tut mir leid.
    Das mit dem Eigentum überzeugt mich nicht. Opfer die gebracht wurden um etwas zu erlangen rechtfertigen nicht die Verfügbarkeit darüber. Wie steht es mit Geschenken? Erbschaft? Mit dieser Logik kann ich letztlich sehr vieles rechtfertigen. Fortschrittlichere, technische Produkte (Auto zB) werden in vielen kleinen Schritten von vielen Menschen gemeinsam hergestellt. 
    Genauso wie emotionale Bindung, es ist unsolidarisch, ein riesiges Anwesen zu haben während woanders Leute auf der Strasse sitzen, auch wenn es seit Generationen im Familienbesitz ist, usw.
    Das macht Verteidigung von Privatbesitz nachvollziehbar, aber noch lange nicht erforderlich.
    Dann der Glauben in die Moral des freien Marktes… du setzt da einen rationalen homo oeconomicus vorraus den es so nicht gibt. Auch heute wäre es erwiesenermaßen recht einfach und auch nicht wirklich teurer sich zum Beispiel ethisch vertetbarer (fair gehandelt, bio, vegan, nachhaltig etc) zu versorgen. Tun aber kaum Menschen. Nicht weil ihnen diese Punkte nicht am Herzen liegen, sondern aus Uninformiertheit und Bequemlichkeit. Ebenso würde sich auch im Anarchokapitalismus nicht zwangsläufig die moralischste Partei durchsetzen oder diejenige, welche das Beste für ihre Gemeinschaft will oder tut. Sondern diejenige die sich am Besten verkaufen kann. Ethik muss in einer Gesellschaft deren primäre Maxime der Profit ist, zwangsläufig diesem untergeordnet werden. Fressen, Moral und so. Konkurrenz ist immer auch Ausübung von Macht. 
    Um Profit zu maximieren ist es, rein taktisch, ratsam auf ethische Schranken erstmal zu pfeifen, Ressourcen unnachhaltig auszubeuten, andere Menschen im eigenen Sinn zu manipulieren, Konkurrenz zu verdrängen, Dinge künstlich zu verknappen oder zu verschlechtern, Gemeineigentum schonungslos auszubeuten, Eigentum und Mitarbeiter_innen überwachen usw. 
    Natürlich ist es dann möglich "die/ den Anbieter_in" zu wechseln. Das bedingt aber, dass es sichtbare und bezahlbare(!) Alternativen gibt. Fairness ist teuer. Wer Menschen (andere Tiere, die wahrscheinlich im A-K rapide schrumpfende Allmende) mehr ausbeutet, kann die Preise weiter drücken. Das ist auch unter anderem der Grund für das Eingehen oder Umstellen unzähliger Kollektivbetriebe die einfach im Kapitalismus nicht konkurrenzfähig sind.
    Du schreibst unlautere Methoden würden sanktioniert, wer aber garantiert das diese Dinge überhaupt eine ausreichend großen Menge mit Möglichkeiten  entsprechenden, wirtschaftlichen Druck auszuüben beschäftigen? Wie werden da Minderheiten geschützt?
    Aus dieser Perspektive heraus, finde ich es auch spannend, dass du geistiges Eigentum ablehnst. Das bringt mich erstmal zu der Einsicht, das im A-K Kunst und Kultur weiter alimentierter Luxus bleibt, macht aber irgendwo nichts, das ist sie bis zu einem gewissen Maß immer. Bedürfnispyramiden usw. Die Art der Alimentierung im A-K wäre imo wahrscheinlich auch nicht besonders dolle, aber das schenk ich mir jetzt, Nebenkriegsschauplatz.
    Viel interessanter ist es bei Wissen. Wenn ich konkurrieren möchte, haben  Wissensvorteile eine ziemliche Bedeutung.  Es liegt als Konkurrent_in in meinem Interesse möglichst die einzige Person zu sein die eine bestimmte Dienstleistung anbieten kann, dann kann ich höhere Preise verlangen. Geheimrezepte usw. Sieht mensch zB auch ganz gut an Student_innen (hauptsächlich BWL, Jura interessanterweise) die Bücher beschädigen um ihre theoretischen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen, also das Gemeingut (Wissen, Bildung) exklusiver machen.
    "Missverständnis 1" – "hierarchische Verhältnisse sind in einer Anarchie denkbar?"
    Auch DROs ( http://en.wikipedia.org/wiki/Dispute_resolution_organization ) bewegen sich nicht in einem luftleeren Raum der es ihnen ermöglicht einzig das ethisch richtige (wer auch immer das am Ende definiert). Ihre Mitglieder sind zB gleichzeitig möglicherweise teil diverser anderer, kollektiven Identitäten ( Geschlecht, Nation, (sub)Kultur, Religion, Sportverein, Leute mit derselben Stammkneipe)  und bringen damit verbundene Werte und Ziele mit ein. Ich würde so weit gehen, zu behaupten das "Neutralität" überhaupt oft ein unmöglichs Konzept ist. "Glück und Gerechtigkeit," brauchen in einer Konkurrenzgesellschaft den Zusatz "Für wen?" und "Für wieviel?"
    "Selbst gewählte, freiwillige und temporäre Unterordnung der eigenen Einschätzungsfähigkeit einer Situation unter eine andere Autorität" leben wir gerade auch. Wenn ich eine andere Wahl treffe, muss ich nur mit den Konsequenzen leben. DROs werden unterschiedlich starke Machtfaktoren sein, und damit die Existenz ihrer "Kunden" unterschiedlich begünstigen. Ich könnte durchaus vor der Wahl stehen mich einer wirtschaftlich aktiven, ethisch bedenklichen DRO oder ihrem Gegenteil anzuschließen. Oh, und was würde mich als Unternehmer_in daran hindern in eine (gelbe) DRO einzutreten deren Auffassungen meinen Absichten entgegenkommen? Handelsboykott? Was wenn die anderen eher Angst haben müssen, dass ich sie boykottiere als umgekehrt?
     
    Hierarchische Verhältnisse zwischen Menschen in einer Anarchie sind nicht nur denkbar, es ist höchstwahrscheinlich so das es die immer geben wird. Die Frage ist nur in welchem Ausmass. Auch in einer kollektivistischen Anarchie gibt es etwa die Möglichkeit informeller Hierarchie. "Wer spricht charismatischer?" 
    Der Unterschied ist, dass diese Hierarchien hier nicht instituionalisiert sind sondern der Anspruch erhoben wird sie so weit wie möglich abzubauen. Auch die Autorität von Spezialist_innen ist so eine Sache, die abzubauen wohl kaum möglich ist. Wie Bakunin schreibt, hast du die Möglichkeit verschiedene Spezialist_innen abzugleichen. Noch besser ist es aber, wenn diese das vorher schon selbst erledigen, sich austauschen etc. Dieser Austausch wird in einem Konkurrenzverhältnis tunlichst unterbleiben, genauso wie weiterhin der Anreiz da ist das eigene Angebot verfälscht oder übersteigert darzustellen und das der anderen schlecht zu reden. Sprich, Macht gegen sie auszuüben. Und, Freiheit wie Unabhängigkeit stehen so gut wie immer vor der materiellen Existenzgarantie zurück. s.o.
     
    "Missverständnis 2" – "Gleichberechtigung kann im A-K nicht funktionieren. Monopole sind im A-K möglich."
     
    Dazu habe ich oben schon einiges geschrieben. "Wahlfreiheit vs Konkurrenz" und so. Beim Grundeinkommen im A-K frage ich mich wer dafür bezahlen sollte. Braucht es dafür nicht schon wieder "Steuern"? Da ist die DRO wirklich auf dem besten Weg zum Staat. ^^
    Prinzipiell kann ich mir aber schon vorstellen, dass solche sozialistischen Konzepte an einen A-K gekoppelt zumindest kurzfristig funktionieren.
    Kann natürlich auch sein, das zB im Falle des Grundeinkommens dann einfach nur mit der Zeit die Preise erhöht werden bis es quasi wieder nichtexistent ist.
     
    Die von dir benannten Systeme finde ich durch die Bank recht spannend, leider kann ich mich im Moment nicht so damit auseinandersetzen wie ich gerne würde.
    Bzgl. können alle ausprobiert werden: Das ist möglicherweise jedes Mal ein ziemlicher Act und Umgewöhnung, aber gut, wäre durchaus vorstellbar.
    Abschließend, solange Privateigentum möglich ist, ist auch dessen Akkumulation möglich. Das Geldsystem ist dahingehend irrelevant (Immobilien, Fahrzeuge, Produktionsmittel).
     
    Monopole: Ich denke, da liegst du falsch. Vorraussetzungen für Monopole die dem zuwider laufen: fast alle deine Vorraussetzungen lassen sich auch in anderer Form von privater Seite her verwirklichen, zusätzlich kommen Dinge wie der exklusiver Zugriff auf (natürliche) Ressourcen hinzu (einzige Quelle der ganzen Gegend zB) oder hauptsächlich exklusiver Zugriff (ich kann mehr zu geringeren Preisen anbieten, andere verdrängen zB besitze ich den einzigen größeren Wald der Region). Im schlimmsten Fall sind das Ressourcen die es auch nirgendwo anders gibt (seltene Minerale, nach geheimer Methode modifizierte Organismen, einzigartige Sammlerstücke etc). Neuartige Produkte können möglicherweise nur von einzelnen Anbieter_innen gewährleistet werden, die würden den Teufel tun die Herstellungsmethode weiterzugeben weil es ihren wirtschaftlichen Vorteil schmälern würde bzw könnten die Benutzungsrechte ihres Produkts einschränken.
    Nischenmärkte wären auch ein Thema, es gibt einfach nicht genug Nachfrage, das sich der Einstieg in den monopolisierten Markt für andere lohnen würde. Oder Gewohnheitsmonopole, bzw Firmenbindung durch psychologische Effekte. Staatsbetriebe existieren ja auch nicht aus reiner Profitgier, sondern weil sie teils existentielle Angebote sichern die auch die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft sichert, an deren Erhalt einzelne Akteur_innen der Wirtschaft aber wenig Interesse haben. Etwa Reproduktion von Arbeitskraft und deren Vorrausetzungen, womit wir wieder bei den Sozialsystemen wären. 
    Auch Staaten sind ja prinzipiell miteinander konkurrierende, ideelle Gesamtkapitalisten ohne höheres Recht, auf der Basis freier Vereinbarung. ;)
     
    Gewalt: Ich bin durchaus auch für die Abschaffung von Unterdückungsverhältnisse durch Gewalt, da ich diese in dem Fall als Gegengewalt ansehe. Da stellt sich aber auch wieder das Legitimitätsproblem, auf der anderen Seite hat Pazifismus bei aller moralischen Legitimation Grenzen. Ich bin so zB Recht froh darüber das sich die Juden im Wahrschauer Ghetto entgegen Gandhis Vorshlägen nicht mit Sitzblockaden gewehrt haben, oder England nicht aus Pazifismus heraus vor Hitler kapituliert hat wie er es vorschlug. Um den Godwin mal vorwegzunehmen. ;)
    Die Gewaltfrage nehme ich auch häufig als geschickt zur Spaltung widerstäniger Bewegungen genutztes Instrument war. "Los distanziert euch mal von den bösen Militanten, oder sollen wir etwa sagen ihr wärt ja auch nicht besser?" Naja, kommt auch immer wieder auf den Kontext an. So verurteile ich etwa einzelne Lynchmobs im anarchistischen Spanien zu Beginn der Revolution, rechtfertige dagegen das dortige Milizen im Abwehrkampf generell bewaffnete Faschisten getötet haben (auch wenn zB eine taktisch stark schwächende Gefangennahme möglich gewesen wäre). 
     
    Die Anwendung des Gewaltberiffs auf Gegenstände lehne ich vollends ab. Das wird auch teilweise ganz obskur wenn zB das Innenministerium Menschen, die Bundeswehrfahrzeuge anzünden, Terrorismus vorwirft. ^^
    Ich lehne auch Gewalt zur Verteidigung von exklusivem Eigentum ab, ich denke sogar, dass das exklusive Eigentum an gewissen, existentiellen Gütern durchaus als Gewaltverhältnis gedeutet werden könnte. Und das Eigentum an anderen, denkenden und fühlenden Wesen sowieso.
     
    Veganismus: Speziesismus habe ich extra mit dieser Klammer angeführt, wenn du den Blog liest, im zweiten Artikel habe ich einige Argumente dahingehend zusammengetragen. Den Artikel müsste ich eh dringend mal erweitern, wenn du magst können wir die Diskussion da in den Comments weiterführen. 
    Mir ist das Thema sehr wichtig, ich kann aber auch durchaus nachvollziehen wenn Menschen sagen, dass sie erstmal an der Befreiung des Menschen arbeiten wollen weil vorher an eine Befreiung der Tiere nicht zu denken wäre. Mir geht es da zB aber auch da nicht (nur) um eine prinzipielle, moralische Ablehnung von Gewalt oder Leid, sondern um Herrschaft. Was imo einen wichtigen Unterschied macht. 
     
    Bzgl. der Unterschiede… schön zu sehen, das wir tatsächlich prinzipiell dieselben Zielvorstellungen haben. Andere Anarcho-Kapitalist_innen mit denen ich bisher diskutiert habe, haben den A-K bereits als Ziel angesehen.
    Also wäre der A-K bei dir als eine Überganslösung auf dem Weg zur kommunistischen Gesellschaft anzusehen, wie etwa auch der Sozialismus. Das ist wiederum ein Punkt bei dem ich mir nicht so sicher bin, denn sehr kompromissbereite Übergangslösungen hatten in der Geschichte bereits oft die Tendenz finale Lösungen zu werden. Da gab es dann zB erst Sozialismus und keine Freiheit, später aufgrund dadurch hervorgerufener, innerer und äußerer Zwänge beides nicht mehr. ^^
    Das ist auch der Punkt wo ich A-K nach wie vor als falsche Übergangslösung sehe, die Tendenzen aufweist die ihrer eigentlichen Zielvorstellung entschieden widerspricht. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu fantasielos aber mir fehlt da die sozialistische, solidarische Komponente. ^^
    Interessanterweise bin ich durchaus in der Lage mir eine anarchistische Übergangsgesellschaft vorzustellen in der (libertär) kommunistische und (anarcho) kapitalistische Strukturen noch parallel existieren, aber nur wenn erstere letztere ausbalancieren und letztlich ablösen. Sobald es rein oder mehrheitlich kapitalistisch wird, sehe ich den Prefix "Anarcho-" aber nach wie vor ganz schnell davonfliegen.
    Ich denke auch, dass Verfügbarkeitsgesellschaften auch mit raren Gütern zu bewerkstelligen kann, solange der Zugang zu diesen irgendwie gleichberechtigt kommuniziert wird oder sie geteilt werden können. 
    Wenn es zB nur eine Gitarre im Dorf gibt, aber 5 Leute gerne Gitarre spielen wollen können sie sich die Zeit damit teilen und versuchen langfristig mehr davon zu bauen oder zu bekommen. 
    Im Anarchokapitalismus würde der Gitarrenbesitzer das Ding wohl eher vermieten, mit dem Endergebnis das es ein Privileg ist sie zu spielen, weil zB Personen 4 und 5 garnicht das nötige Geld haben, während jetzt dafür Person 6 Gitarre spielt, woran sie zwar eigentlich kein Interesse hat, dafür aber 4 und 5 ne lange Nase drehen und ihren Status unterstreichen kann. 
     
    Transhumanismus und Raumfahrt sehe ich übrigens auch zunehmend kritischer. Wir sind jetzt schon an einem Punkt, an dem Technik in den Händen Einzelner ein unvorstellbares Machtmittel sein kann. 
    Ich behaupte nicht, dass diese Dinge nicht verwirklichbar seien, ich zweifle aber auch zB anhand der Entwicklung des Internets daran, dass diese Dinge zwangsläufig zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt werden müssten. Wenn der aktuelle Backlash sich fortsetzt oder sogar noch steigert leben wir in ganz schön interessanten Zeiten. Der heutige Alptraum sind da vielleicht milliardenschwere Spielzeugsautos die auf dem Mars Steine umdrehen, während anderswo Menschen verhungern, der neue wäre Augmentation für die, die sie sich leisten können, Verhältnisse wie bei Gattaca und eine Überwachung von einer Dichte die Orwell sich nicht mal im Traum hätte vorstellen können (oder wie oft googeln sie der Statistik nach täglich nach mit Gedankenverbrechen, Entschuldigung, Terrorismus und extremem Gedankengut assozierten Themen, Genosse Smith? ).

  10. Cautes says:

    Ja, also wirklich! Mal schauen, ob du mich mit deiner Unprägnanz noch lange bei Stange halten kannst, du kleine Chaotin. :P
    Mal ernsthaft: du scheinst nett zu sein und du kannst intelligent diskutieren-  das weiß ich zu schätzen. :)
     
    Wie Sokrates schon sagte, steht am Anfang aller Weisheit die Definition der Begriffe – halten wir uns an diese Maxime. Ich definiere meinen Gewaltbegriff und du sagst mir, was du unter Herrschaft und dem damit zusammenhängenden Begriff des Unterdrückungsverhältnis verstehst. Das hilft uns garantiert ein großes Stück weiter. :)
     
    Gewalt:
    Bewusst ausgeführte Handlung, die sozial destruktiv ist, also das Ziel hat, etwas zu verletzen, zu zerstören, oder auf andere Weise in Mitleidenschaft zu ziehen – wohlgemerkt ohne Einverständnis der beteiligten Person/en. :D
    Sie kann physisch oder psychisch ausgeübt werden, z.B. durch Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt. Alle anderen Formen der Gewalt sind Subkategorien.
    Psychische Gewalt kann auch auf Proxy-Objekte ausgeübt werden, um damit die emotionale Lage der Zielperson anzugreifen, ohne direkt handgreiflich zu werden.
    Die Taktik und Effizienz der Proxy-Gewalt ist stark abhängig von den in der Gesellschaft vorherrschenden Werten, Definitionen von Begriffen und Annahmen über die soziale und materielle Welt.
     
    Meine Ablehnung von Gewalt verstehe ich als Anspruch, den ich, sofern ich ihn tatsächlich überzeugt halten will, auch konsequent anwenden muss. Selbstverteidigung ist natürlich immer ausgenommen, doch die darf immer nur Defensivaktion und nicht Aggression sein.
    Da halte ich es ganz mit Ghandi oder Martin Luther King. Um Letzteren zu zitieren:
    "Hate begets hate; violence begets violence; toughness begets a greater toughness. We must meet the forces of hate with the power of love."
    Was Kriege angeht, halte ich es mit Howard Zinn: Gute Kriege gibt es nicht. Sie sind alle ausnahmslos zu verurteilen. Übrigens: Ich finde es gut, dass du Lynchmobs ablehnst. Godwin werde ich dir trotzdem nie verzeihen. :P
    Hiermit leite ich direkt in die Eigentumsdiskussion über:
    Durch die von mir erwähnte Aufopferung (Konsumverzicht und Kapitalinvestition) oder durch die von dir genannte Schenkung oder Erbschaft von Objekten entsteht eine emotionale Bindung an diese. Mal stärker und mal schwächer ausgeprägt, können auch Identitäten mit dem Objekt verknüpft werden, oder sich sogar daraus bilden. Diese Bindung ist ein Faktor, weswegen Gewalt gegen Eigentum oftmals als psychische Gewalt empfunden-, und als physische Gewalt gedeutet wird. Dieses Phänomen existiert unabhängig von persönlichen Einstellungen zum Thema Eigentum.
     
    Noch wichtiger ist allerdings das Verständnis des soziale Pragmatismus, aus dem sich sowohl das Konzept von Privateigentum, als auch die eben beschriebene Bindung an dasselbige, überhaupt erst gebildet hat:
    Durch empfundene oder tatsächliche Knappheit wurde die Idee "Besitz" zur logischen Tendenz und mit dem Beginn der Agrarkultur wurde diese sozial abgesichert und um Landbesitz erweitert und ging damit, vor allem wegen dem ungleich verteilten Surplus erwirtschafteter Ressourcen, mit Stratifizierung der Gesellschaft und Klassenbildung einher. In frühen Agrarkulturen war das nicht wirklich ein Problem, da diese neuen Sozialhierarchien noch sehr flexibel waren, doch aus dem Herrschaftsanspruch der Leute, die Reichtum und Besitz akkumuliert hatten, ging ja bekanntlich auf Basis religiöser Rhetorik das Staatentum hervor und die Konsequenzen dieser Entwicklung sind bis heute noch fühlbar.
     
    Auf folgendes will ich hinaus:
    Da durch umgebungstechnische Umstände die Idee des Eigentums Fuß fassen konnte, hat sich im Laufe der Zeit eine emotionale Bindung an dasselbige entwickelt. Deswegen bin ich der Meinung, dass eine Forderung der sofortigen Abschaffung jeglichen Besitzes sozial destruktiv ist. Zudem hätte man die Umgebung des Menschen noch nicht dahingehend verändert, als dass eine fließende Transformation zu einer Gesellschaft ohne Eigentum möglich wäre. In meinen Augen, muss erst Technologie auf höchstem Level entfesselt- und dadurch materieller Überfluss errungen werden. Dieser Weg ist natürlich noch von vielen Tätigkeiten geprägt, die recht stupide und eintönig sind, da man nicht damit rechnen kann, dass all diese Berufe augenblicklich automatisiert werden könnten. Wie man weiß, sind es genau diese Tätigkeiten, die stark von der Motivation durch Geldmittel, bzw. materielle Belohnungen abhängig sind. Ohne Eigentum würde derartiges natürlich wegfallen und Organisation dieser Arbeitsbereiche würde wohl erschwert werden.
    Das ist auch der Grund, weswegen ich glaube, dass der Anarcho-Kapitalismus die beste Ausgangsposition für einen Übergang in die Verfügbarkeitsgesellschaft darstellt: er ermöglicht einfache Anpassung. Doch dazu später mehr.
     
    Zurück zu Eigentum:
    Was die Anarcho-Kapitalisten fordern, ist eine Neudefinierung des Eigentumsbegriffs, der die soziale Ordnung, die durch den Staat gefestigt worden ist, wieder flexibler machen soll – meist basierend auf der "Homesteading Theory of Property". Diese basiert auf zwei Grundsätzen:
    1. Man selbst hat Eigentum über seinen eigenen Körper, also einen exklusiven Machtanspruch. Dieser Anspruch ist a priori und absolut. (Abgeleitet vom eigenen Bewusstsein, deswegen ist Besitz von anderen Organismen, bei denen man ein aktive Ego – Ich-Bewusstsein – beweisen kann auch ein Verstoß gegen die Eigentumstheorie.)
    2. Jeder kann Eigentum an allem haben, das noch nicht im Besitz eines Anderen ist. Erstmalige Besitzergreifung ist möglich, indem in das jeweilige Objekt (Ressource, Land, etc.) investiert wird (z.B. durch Arbeit). Dieser Grundsatz ist nicht logisch ableitbar, sondern gilt als Maxime, nach der eine funktionstüchtige und friedliche Gesellschaft in einer Welt begrenzter Ressourcen entstehen und bestehen kann.
     
    Es ist auch exakt dieser Punkt, der geistiges Eigentun negiert, doch bevor ich mich dieser Thematik widme, noch ein paar Sätze zu dem Verhältnis zwischen investierter Arbeit und Eigentum:
    Da man nach dieser Theorie Eigentum über seinen eigenen Körper hat, kann man diesen auch verkaufen. Seine Arbeitskraft verkauft man z.B. an seinen Arbeitgeber, entlohnt wird man mit der Lohnzahlung. Dinge, die durch die verkaufte Arbeitskraft entstehen, sind dann logischerweise Eigentum  der Person, die für diese Arbeit bzw. ihr Resultat bezahlt hat. Das erklärt auch, warum viele Leute ein Auto fertigen können, aber die Arbeiter selbst nicht im Besitz des gefertigten Wagens sind. Nun aber zum nächsten Thema.
     
    Geistiges Eigentum:
    Besitzergreifung ist nach der eben beschriebenen Theorie nur dann möglich, wenn man in etwas investiert, das noch nicht in Besitz ist, Ideen bauen aber immer auf bestehenden Gedanken auf. Wie man so schön sagt: "Zwerge auf den Schultern von Riesen" – durch und durch. Folglich können Ideen kein Eigentum sein – der Begriff "Geistiges Eigentum" ist ein Oxymoron.
    Ich lehne das Konzept allerdings nicht nur ab, weil es logisch – unabhängig von der Eigentumsdefinition – inkonsequent ist, sondern vor allem, weil es aus utilitaristischer Sicht eine Menge Vorteile mit sich bringt. :D
    In meinen Augen, würde damit Kunst und Kultur zum Allgemeingut werden – nicht zu einer Luxuserscheinung. Andere Nebeneffekte wären enorme Flexibilität sozialer Hierarchien, eine egalitärere Gesellschaft und unvorstellbarer technischer Fortschritt – ein freier Markt eben.
     
    Wo wir schon mal beim freien Markt sind – ein paar Worte dazu und zum homo oeconomicus:
    Ja, du hast Recht, dass der Mensch selten bewusst rational agiert und häufig Entscheidungen trifft, die einem Außenstehenden missfallen könnten. Ich stimme dir ebenso zu, dass diese fragwürdigen Entscheidungen auf ein schlecht informiertes Individuum hindeuten, doch ich will verstärkt darauf hinweisen, dass eben genau *das* der Punkt ist. Nicht "du" triffst Entscheidungen, sondern dein "Unterbewusstsein", oder wie auch immer du es nennen willst. Dein Gehirn entscheidet für dich und dein Ich-Bewusstsein, dein Ego, was selbst nur illusorisch ist, rationalisiert die Aktion im Nachhinein. Das Bemerkenswerte hierbei: das Gehirn trifft *immer* die bestmöglichen Entscheidungen auf Basis der Informationen, die ihm momentan zur Verfügung stehen. Ob eine Gesellschaft – unabhängig von ihrer Organisationsweise – funktioniert, ist also stark abhängig von Quantität, Qualität und Verfügbarkeit von Informationen.
    Im Anarcho-Kapitalismus ist das keine größere Herausforderung als z.B. im Anarcho-Kommunismus, es gibt allerdings natürlich schon eine Menge Ideen, wie man das Problem mit Leichtigkeit umgehen kann.
    Ein Mittel, welches man in einem freien Markt einsetzen könnte, wäre, dass DROs Bündnisse mit Handelspartnern schließen, die ab sofort allen Kunden Rabatten gewähren, die sich zuvor bei ihrer DRO eine spezielle Kreditkarte geben haben lassen, die z.B. nur Kauf von fair gehandelten, ökologisch-rücksichtsvoll-produzierten Produkten zulässt. Mit gutem Marketing könnte man die Karte dann mit der Identität des Konsumenten verknüpfen und bald würde sozialer Druck entstehen, der andere Leute dazu veranlassen würde, ebenfalls derartige Karten aktiv zu nutzen, um ihren gesellschaftlichen Status zu heben. So könnte man auch CO2-Emissionen in den Griff kriegen. Die Vermarktung müsste nur so aufgebaut sein, dass es genug Möglichkeiten für die Kartenbenutzer gibt, sich als diese zu präsentieren, um ihre Identitätsgeschichte offen vorführen zu können. Vielleicht könnte man exklusive Events, Produkte oder sonstige Angebote in die Wege leiten – Möglichkeiten gibt es genug. :)
    Mir wäre es zwar lieber, wenn die Menschen einfach ohne derartige Motivation richtig handeln würden, aber falls dies nicht der Fall sein sollte, hat man hier eine äußerst effektive friedliche Methode, soziale und umwelttechnische Probleme zu überwinden.
    Zusätzlich gibt es natürlich noch Gewerkschaften und andere Interessengruppen, die sich für ihre Interessen einsetzen werden – kann man also alles ganz entspannt sehen.
     
    Bezüglich der DROs gibt es noch viel zu sagen, deswegen habe ich die Themen in Kategorien gepackt und in wenigen Sätzen kurz erläutert.
     
    DROs und ethische Vorstellungen:
    Natürlich werden die ethischen Vorstellungen der Mitglieder von DROs variieren, doch die meisten Unterschiede, die sie auf sozialer oder intellektueller Basis ausmachen, sind zu vernachlässigen, da sie auf biologischer Basis alle die gleichen Bedürfnisse haben: Nahrung, Gesundheit, Unterkunft, etc.
    Da DROs wohl primär – wenn nicht sogar ausschließlich – auf diesem Level agieren werden, mache ich mir hierzu keine Sorgen.
     
    Die Preise von DROs:
    Natürlich werden viele DROs Geld für ihre Dienste verlangen, doch man kann erwarten, dass um den gesamten Markt abzudecken, auch äußerst günstige, vielleicht sogar kostenlose, DROs entstehen werden. Bedenke: am einflussreichsten wird die DRO mit den meisten Konsumenten sein – und das ist automatisch nicht die DRO, die nur den Interessen der wohlhabendsten Teilen der Bevölkerung dient. :)
     
    Gemeinsames Land/Eigentum in DROs:
    Beides ist durchaus ein Ding der Möglichkeit.
    Ich denke, dass sich DROs sehr schnell auch physikalisch repräsentieren wollen, und sich Parks etc. anschaffen werden, die sie dann ihren Mitgliedern zur freien Verfügung stellen.
     
    Grundeinkommen/Finanzielle Unterstützung von DROs, dessen Finanzierung und Inflation:
    Hier gibt es eine unglaubliche Modell-Vielfalt und ich bin mir sicher, dass ein paar Konzepte mehr oder minder ausgeprägte inflationäre Tendenzen haben, mir sind aber genug Modelle bekannt, bei denen es definitiv nicht der Fall ist, da sie z.B. das Geldsystem deflationär gestalten – durch einen negativen Zinssatz o.ä. Lese dich einfach mal ein bisschen über ein paar der Beispiele ein, die ich im obigen Beitrag genannt habe. Lösungen, die inflationäre Gefahren ausgleichen, haben sie alle auf ihre eigene Art gefunden. :D
    Finanziert werden würde derartiges wohl nahezu immer von den DROs selbst, da diese ja auch das Geld schöpfen müssten. Alternativ könnten sie das Geld auch erwirtschaften oder über Mitgliedseinzahlungen einsammeln, macht aber nicht wirklich viel Sinn – Geldschöpfung wäre ja ohnehin eine wichtige Funktion vieler DROs.
     
    DROs und Geldsysteme:
    Was ich erwarte, ist nicht, dass sich der Konsument andauernd zwischen wechselnden Geldsystemen umstellen muss, die sich universell ablösen, sondern, dass hunderte, wahrscheinlich sogar abertausende Geldsysteme parallel existieren und sich – durch quasi-evolutionären-Existenzkampf – nach einiger Zeit das momentan Bestmöglichste als bevorzugte Transaktionsmethode herauskristallisiert.
    Nichts ist im Kapitalismus wichtiger als das verwendete Geldsystem. Nichts.
     
    DROs und Monopole:
    Du sagtest, dass man die Monopolvoraussetzungen, die ich im obigen Beitrag genannt habe, auch mit DROs replizieren könnte. Ich widerspreche. :D
    Ich habe folgendes genannt:
    1. Universell existente Markteintrittsbarrieren.
    Es gibt unzählige DROs. Wenn etwas universell ist, dann, dass nichts universell ist. ;)
    2. Staatliche Absicherung des geistigen Eigentums.
    Es gibt keinen Staat mehr und folglich auch keine staatliche Absicherung.
    3. Subventionen.
    Eine DRO die Unternehmen soweit subventioniert, dass diese gegenüber der Konkurrenz einen unfairen Vorteil erlangen, wird ihre Kunden ebenso schnell verlieren wie ihr Geld. ;)
    Jetzige Subventionen sind nur möglich, weil der Staat Gelder abseits der Mechanik eines freien Marktes mit Androhung und Anwendung von Gewalt erpressen kann – durch Steuern.
    4. Irrational günstige Verkäufe/Übergaben von Land bzw. Eigentum and Ressourcen.
    Auch hier: eine DRO, die das macht, ist marktwirtschaftlich schon tot. Nein, so etwas kann sich nur ein Staat leisten, der Land etc. deswegen so billig an große Konzerne verkaufen kann, da er den Besitz am jeweiligen Objekt einfach nur beanspruchen musste, ohne es sich erst mühevoll zu erwirtschaften.
    5. Privatisierung von Dingen, die zuvor in staatlicher Hand waren.
    Ohne Staat auch ein Ding der Unmöglichkeit.
    6. Rechtliche Privilegien, die Konzerne ermöglichen.
    Müssten universell erzwungen werden, sind aufgrund fehlenden Staates nicht umsetzbar.
    – Von dir genannte Punkte –
    7. (Nahezu) exklusiver Zugriff auf Ressourcen
    Ja, das wäre richtig asoziales Verhalten. :D
    In einem freien Markt würden aber schnell Alternativen gefunden werden und das Unternehmen, das auf dieser Basis ein Monopol anstreben wollte, geht für immer als unsympathischer Vollpfosten in die Geschichtsbücher ein. ;)
    Es sind solche Situationen, wo du Besitz als "Gewaltverhältnis" sehen würdest, korrekt?
    Falls Alternativen fehlen, kann ich mir vorstellen, dass DROs, um ihren Kunden zu gefallen, oder die Situation für sich selbst zu verbessern, einfach ein Handelsboykott ausrufen, und die aufs Korn genommene Firma dann z.B. ohne Strom und Wasser dasteht, während ihre Mitarbeiter keine Nahrung etc. mehr bei Partnern/Kunden der jeweiligen DRO kaufen/konsumieren könnten.
    8. Geheime Herstellungsmethode
    Würde wahrscheinlich schnell geknackt werden. Ohne geistiges Eigentum kommt so etwas ohnehin schnell ans Licht. Selbst wenn nicht: Alternativen werden gefunden werden.
    9. Nischenmärkte.
    Da sind mir Monopole herrlich egal, würden bei steigender Nachfrage aber natürlich sofort verschwinden.
    10. Gewohnheitsmonopole.
    Sind keine richtigen Monopole. Markentreue heißt ja nicht, dass es nur diesen einen Hersteller gibt.
     
    So. Jetzt wird's langsam 'ne Menge Text.
    Noch schnell was zu den anderen Punkten.
     
    Hierarchien:
    Ja, ich stimme dir zu. Ich halte es allerdings für wichtig, zu erwähnen, dass solange Gewalt und Staaten existieren, die selbst sozial sanktionierte Gewaltmonopolisierung sind,  "selbst gewählte, freiwillige und temporäre Unterordnung der eigenen Einschätzungsfähigkeit einer Situation unter eine andere Autorität" ein Ding der Unmöglichkeit ist und Hierarchien in einer Form existieren, in der sie starr und destruktiv sind.
     
    Konkurrenz und Ideenweitergabe im AK:
    Guter Punkt. Da muss ich mir noch ein System überlegen, wie DROs Ideenweitergabe herbeiführen könnten. Spontan würde ich sage, dass es am meisten Sinn macht, derartiges gleich mit Geldsystemen wie Xi zu koppeln, das Zusammenarbeit ohnehin stark fordert. Hach, über jedes Thema könnte man ganze Bücher schreiben. :D
     
    Transhumanismus, Raumfahrt und Welthunger:
    Nun, Raumfahrt ist momentan noch ein absolutes Luxusgut, wobei es fast noch komplett Staatsprivileg ist, da es dem privaten Sektor noch richtig schwer gemacht wird. Im Laufe der Zeit wird das aber – wie bei jedem ehemaligem Luxusgut – kontinuierlich besser werden, bis es für den Großteil der Bevölkerung erschwinglich ist.
    Transhumanismus ist hingegen nichts wirklich neues. Im Grunde ist schon die Erfindung von Kleidung und rudimentären Werkzeugen "transhumanistisch", Transhumanismus ist also so alt wie die Menschheit, etwas zutiefst natürliches und nichts, vor dem man sich fürchten müsste.
    Bezüglich des Welthungers teile ich deine Frustration, bin aber der Meinung, dass auch hier eine stetige Verbesserung der Lage offensichtlich ist – so klein sie auch sein mag. Geh mal auf Gapminder.org und schau dir ein paar der Statistiken an – inklusive des HDI. Stimmt optimistisch. :)
     
    Polizeistaat, Orwell und Huxley:
    Expansion liegt in der Natur des Staates und dazu gehört auch Informationsbeschaffung über den Bürger. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Ziel eine Datenbank ist, die die zukünftigen Aktionen der Zielperson quasi voraussagt. Ich rege mich da nicht groß darüber auf, weil ich weiß, dass Staaten ebenso sicher wieder vergehen werden. Orwell und Huxley haben auf ihre eigene Art nur Gegenwartsportraits ihrer persönlichen Wahrnehmung geschrieben, die beide auf ihre Art zutiefst pessimistisch waren. Sind trotzdem tolle Autoren. :D
     
    Schlusssätze – Revolution und die "Moral der Geschichte":
    Veränderung ist selten plötzlich, aber immer vorhanden – kontinuierlich und exponentiell. Ich halte nichts von der Idee, Utopien erlangen zu wollen, ich halte nichts von Kompromissen, von Zwischenstufen. Mir scheint diese Theologisierung politischer Bewegungen gefährlich zu sein.
    Die Idee einer revolutionäre Klasse hat stets messianistische Züge und die Zwischenstufe zum erwünschten Paradies hat die Funktion des siebenjährigen Fegefeuers. Hier äußert sich die Idee, dass der Zweck die Mittel heiligen würde – und ich könnte nicht stärker widersprechen.
    Der Anarcho-Kapitalismus ist für mich folglich nicht Zwischenstufe, sondern schon *an sich* erstrebenswert. Die Verfügbarkeitsgesellschaft ist nicht Wiederspruch, sondern logische Konsequenz freiwilliger Interaktion unabhängiger Individuen und – vor allem – des zu erwartenden Fortschritts; sowohl menschlich als auch technisch. Die Verfügbarkeitsgesellschaft ist auch nicht "Endziel", sondern nur der nächste logische Schritt in der Evolution sozialen Zusammenlebens – und sie wird nicht der Letzte sein. Utopien können per Definition nicht erreicht werden, sondern sind Wegweiser, die die Entwicklungsrichtung vorgeben. *Alles* ist stetigem Wechsel unterworfen, *alles* ist – auf seine Weise – eine "Zwischenstufe", aber eben nicht als Mittel zum Zweck, sondern im Besten Falle als Zweck an sich. Das ist gerade der Punkt, warum ich den Anarcho-Kapitalismus schätze:
    Er geht vom Status quo aus, nimmt den Menschen nicht zu viele ihrer Gewohnheiten, lässt sie leben wie bisher, gibt aber zugleich die Chance zur Weiterentwicklung – macht den Weg in die Zukunft frei, lässt Transformation zu. :)
     
    Der Weg zum Anarcho-Kapitalismus, allgemeiner, zu einer besseren Gesellschaft, selbst, führt in meinen Augen nicht über plötzliche Revolution, sondern über Selbstverbesserung, besseren Umgang mit seinen Mitmenschen und – vor allem – besserer Umgang mit seinen Kindern. Für mich sind Gesellschaft und Herrschaftssysteme immer ein Ausdruck der Kindheit, die die Leute durchlebt haben, die diese prägen oder unterstützten. Freiheitliche, libertäre Erziehung und Empathie für die, die mit einem zusammen auf dem "Raumschiff Erde" um die Sonne kreisen, sind die Basis, auf der eine freie Gesellschaft entstehen kann – und das ist mein Ziel. :)

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