Nochmal zum Artikel ‚Maschinenfrieden‘ von gestern…

Unbenannt

Freunde der Ferienfahrt. Was habe ich mich gestern über diese Quake-Bot-Geschichte und über eure Kommentare gefreut. Es ist doch wirklich wundervoll zu wissen, dass meine LeserInnen und KommentatorInnen mindestens genau so einen am Kopf haben, wie ich selbst ;) Im Ernst: Eure Kommentare sind der Hammer, vom Philosophie-Zerstörer bis zum Bot-Gläubigen ist alles dabei. Ich bedanke mich ausdrücklichst für eure Infos und Ideen zu dem Thema (und auch danke an die Retweeter und Sharer auf Facebook!). Ich schreibe diesen Artikel aber aus einer anderen Intention heraus.

Ich habe gestern Abend lange über diese irre Story nachgedacht. Habe reflektiert, warum ich auf die Story so dermaßen abgehe; woran es liegt, dass mich diese Geschichte so sehr begeistert hat. Zu einem finalen Denk-Ergebnis bin ich nicht gekommen. Ich versuche aber trotzdem mal in Ansätzen zu erklären, was mir dazu durch den Kopf geht. 

Ich mag Maschinen, Bots und den Transhumanismus. Ich mag Frieden und Anarchie. Ich mag Videospiele und künstliche Intelligenzen. Und diese Geschichte vereint einfach alle diese Interessen in einer Story. Klar, dass ich da hin und weg bin. Der Fakt, dass die Bots Frieden geschlossen haben, begeistert mich. Aber warum? Es sind doch nur Roboter! Ja, genau! Und genau das ist auch der Punkt: Ich nehme Menschen als die schlechteren Maschinen war. Und Maschinen als die besseren Menschen. Bzw. ich möchte diese Wahrnehmung so haben wie sie ist. Was impliziert – und jetzt kommt es – das mir Roboter offensichtlich lieber sind, als Menschen. Autismus?…oder Lebenserfahrung mit Konsequenzen? 

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In kurz: Ich WILL diese Geschichte einfach glauben. Weil es sich (für mich) gut und richtig anfühlt, weil ich glaube, dass wir Menschen nur eine Leiter sind, aber keine Etage. Weil ich glaube, dass die neue Etage noch in meiner Lebensspanne angebaut wird. Weil ich glaube und sehe und fühle, dass wir Menschen einfach noch nicht fertig sind. Mit uns, mit der Welt, mit dem Frieden. Ich wünsche mir also eine Maschinen-Welt-Utopie, in der es Frieden gibt. Aber keine Menschen (mehr).

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Und soll ich euch was sagen: Dieser Gedanke erschreckt mich nicht mal. Wenn der Preis für den Frieden der ist, dass wir Menschen irgendwann den (besseren, netteren) Maschinen Platz machen müssen… dann sei es so. Verdammt noch eins. Ich glaube ja, dass mich der Artikel – und die Gefühle die dieser in mir auslöst – mich noch ein Stückchen mehr zum Transhumanisten gemacht haben. Ich meine: Offensichtlich kriegen wir es ja nicht auf die Kette. Snowden, Ägypten, Chemtrails; irgendwie verkacken wir Menschen doch alles; und ich fühle mich seit 2011 eher so: Wenn xy nicht klappt, verliere ich endgültig den Glauben an alles. Und – natürlich – klappt xy nicht. Nie. Nicht EINMAL. Derzeit denke ich: Ach, wenn die Snowden-Sache gut ausgeht, wird doch noch mal alles gut. 

IN WAS FÜR 'NER VERFICKTEN ILLUSION LEBE ICH EIGENTLICH!? Lachnummer, Chris, Lachnummer. 

Und daher passte mir diese Anti-Bot-Verschwörunsgtheorie…bzw. die Geschichte von Liebe und Frieden im Quake-Land gestern genau richtig. Ich sehne mich offensichtlich nach mehr Harmonie auf diesem Planeten. Und da reicht es mir schon, wenn diese – die Harmonie – völlig virtuell und in einer Maschine vonstatten geht. Wie irre ist das denn?

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Ich meine: Die einzelnen Menschen um mich herum geben mir Halt, machen mich (ab und zu) doch echt glücklich, ich liebe sie sehr und ich möchte sie keinesfalls gegen einen – noch so friedlichen –  Quake-Bot eintauschen. Mir fällt dieses berühmte Zitat gerade nicht ein…aber sinngemäß sehe ich es auch so: DER Mensch ist mir lieb, DIE Menschheit geht mir auf den Keks. Nun ist mir aber auch klar, dass die Flucht in eine pseudoreligiöse, transhumanistische Gedankenwelt sicher auch keine Lösung für mein Dilemma sein kann. Dafür ist der Transhumanismus zu sehr Philosophie, denn ein praktikabler Lebenstil. 

Allerdings geht mir auch dieses Sprichwort aus Asien nicht mehr aus dem Kopf: 

Der Mensch sagt die Zeit vergeht, doch die Zeit sagt der Mensch vergeht. 

Oder um einen eher westlichen – dennoch aber sehr klugen – Mann zu Wort kommen zu lassen: 

Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll.   

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Ich mein' man könnt' es merken: Ich komme auf keinen grünen Zweig, komme zu keinem Gedankengang, der mich zufriedenstellt. EINE Option: Offensichtlich sind mir Roboter und Waldameisen lieber als das Kollektiv Menschheit; ergo liegt es auf der Hand, mich in Philosophien einer (künftig) besseren Welt zu verlieren. Damit könnte ich nun einigermaßen leben. Könnte. Ob ich das will, ist noch mal eine andere Frage. Andererseits geht mit der Satz einer Kommentatorin auf einem Yoga-Blog nicht aus dem Kopf: Chris, deine Misanthropie in allen Ehren. Aber es ist doch viel einfacher zu sagen, dass die Menschen scheisse sind und das du die nicht magst, als zunächst mal allen Menschen unvoreingenommen, mit offenen Armen und viel Liebe entgegenzutreten.

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Auch darin steckt sicher eine Wahrheit. Allerdings fällt mir dann meine Lebenserfahrung wieder ein. Ich weiß also nicht, ob ich diese Yoga-Tante nun belächeln soll, oder ob ich mich ob der Erkenntnis die sie (mir vielleicht (!) voraus) hat, in Demut niederknien sollte. Es scheint also ein Prozess zu sein. Der goldenen Mittelweg wäre eine weitere Option. Wenn ich aber von einer künstlichen  Intelligenzen lese, die Frieden – statt Mord und Todschlag –  schafft, bin ich doch eher geneigt zu sagen: Mäuse, Waldameisen und Roboter sind die besseren Menschen. Selbst eine Maus ist so klug, sich keine Mausefalle zu bauen. ​

Abschließend noch einige Links zu dem Thema von gestern. Zumindest die Medien in den Staaten haben das Thema auch seit eben auf dem Schirm: (alle ungesichtet, nur gesammelt) 

Schließen möchte ich mit einem Hubbard-Zitat. Welches die / meine Krux des Themas auf den Punkt bringt. Weil es ALLES und nichts und BEIDES ZUGLEICH bedeuten kann:

Eine Maschine kann die Arbeit von fünfzig gewöhnlichen Menschen leisten, aber sie kann nicht einen einzigen außergewöhnlichen ersetzen.

Gut, ne? ;) 

10 thoughts on “Nochmal zum Artikel ‚Maschinenfrieden‘ von gestern…

  1. Marco says:

    Du zitierst Hubbard? :(
    Auch, wenn es stimmt, aber…. 

  2. Chris says:

    Klar, neben dem Arschloch sein, hatte der doch einige interessante transhumane Ideen am Start. Sie es losgelöst "von dem hier".  (In der Tat sollte auch dieses Zitat genau vom DEM meine "Krux" besser darstellen) 

  3. ma_il says:

    Gestern nicht zum Kommentieren gekommen, aber weil das Thema so interessant ist:

    Ein wesentliches Hindernis beim Uebertragen des Quake-Bot-Szenarios in die Realitiaet duerfte zur Zeit noch sein, dass auch Roboter irgendwelche Resourcen benoetigen um weiterzulaufen. Menschen fuehren Kriege um Resourcen und auch wenn Strom langfristig bestimmt ueber erneuerbare Energien zu beziehen waere, wird dies bei Aluminium, Kupfer oder gar Silizium fuer Reparaturen wieder deutlich schwieriger. Dies wiederum koennte auch einen intelligenten Algorithmus durchaus zum Krieg veranlassen.

    Man kann trotzdem hoffen, dass er eine bessere Loesung faende. Und es ist ja auch ein verbreitetes Element in der SF (z.B. in der Culture Serie von Iain Banks), dass eine sehr weit fortgeschrittene Technologie die Notwendigkeit von Krieg beseitigt, weil einfach jedes Wesen tun und lassen kann, was es moechte. Also immer her mit der Singularitaet.

  4. Chris says:

    @ma_il: Dz denkst aber auch noch ne Ecke weiter, wa? ;) Gut so. Ich gehe einfach davon aus (kackendreist), dass eine "digitale / neue Zivilisation" die Frieden als non plus ultra ansieht, vorher schon die Energie-Problematik im Griff hat. So rein utopisch gedacht. "Also immer her mit der Singularitaet" -> YAP! ;)

  5. Bridgetroll says:

    Mhm, also ich hatte schon bei der (vermutlich sehr liebevoll und interessant erfundenen) Originalgeschichte nen ganz anderen Eindruck als 'Frieden'. Denn diese Bots haben nicht Frieden geschlossen und dann etwas anderes Schönes mit ihrer Zeit angefangen, nein, sie haben einfach NICHTS mehr gemacht. Herumstehen und warten, weil sie nie etwas anderes gelernt haben, klar. Aber Frieden bedeutet doch mehr als die Abwesenheit von Krieg.

    Wie oben schon angedeutet würde es in einem realeren System im Gegensatz zum Bot-Gedankenspiel um Ressourcen gehen, also um Frieden durch friedliche AKTIVITÄT neben- und miteinander. Würde nun tatsächlich Uneinigkeit über Ressourcenverteilung zum Konflikt führen UND hätte das System durch Optimierung von Konfliktergebnissen wie im Beispiel erkannt, daß Inaktivität dem Konflikt vorzuziehen ist, würde dies doch schlicht bedeuten, daß Maschinenfriede nur durch Inaktivität zur friedlichen Ressourcenschonung zu erreichen ist.
    Und was ist eine inaktive Maschine? Ein reichlich toter Klumpen.
    Frieden durch Suizid?
    Mhm, nee, lass mal..
     

  6. Chris says:

    Also ich finde ja, dass "die Abwesenheit von Krieg" schon mal ein ganz großes Stück MEHR-Frieden bedeuten kann ;)

    Aber ja, ich verstehe den Rest deines Comments auch gut. Übrigens "Frieden durch Suizid". Für viele eine Option und ein Glaubensbekenntnis: www.churchofeuthanasia.org/ …. 

  7. rollinger says:

    Also diese Bots. Das wird deswegen nicht gehen weil jede Menge Menschen unbedingt Fortschritt brauchen und meinen sie müssten irgendwo im All die Lösung finden. Denn. Die Bots haben ja keinen Frieden. Sie machen keinen Fortsschritt UND sie werden am Leben gehalten und müssen nicht um Energie kämpfen.
    Deswegen ist es wohl nicht übertragbar auf Lebewesen. 
    Vielleicht hatten wir so einen Zustand zur "Kalten Kriegs" Zeit. Wir haben uns nicht vernichtet, aber angeschaut was der andere so macht und wenn er aufzuckt geht es rund. Sagen wir "Falkland"
    Die Bots sind stagniert und die Energie führt ihnen jemand von außen in Form von Strom zu. 

    btw: Am Freitag ist hier mal wieder "Die Lange Nacht der Robotik" ..Wir sind dabei.

  8. Columbo says:

    Ein bzw. Zwei sehr geile Artikel! Und ebenso alle Kommentare. Ich hab mich allerdings auch gestern beim ersten gefragt warum du da so drauf abgehst ;) Und ein 108seitiges Pdf zu Bots & So —> WTF!! Sehr geil das gerade "Killer-Spiel-Bots" der Ursprung solcher Gedankegänge wird ;) War sehr spannend diesen heute zu lesen.

    Diese Utopie ist schön! "die Abwesenheit von Krieg" wäre der größte Fortschritt seit mehreren tausend Jahren! Ist endlich mal an Zeit sich zumindest in diese Richtung zu "KÄMPFEN", oder??

    Das mit der Energie, da denk ich auch so utopisch wie Chris, DIE machen das schon. Sie haben aber kein Emotionen (außer wir werden noch utopischer ;) ), sie glauben an keine Götter und würden sich auf maximale Effektivität entwickelen, dass schließt ja "eigentlich" sich gegenseitig zu Zerstören und ähnliche Aktivitäten aus. In solch einer Welt sollte Ressourcenverteilung keine Konflikte wie wir sie kennen auslösen, eher doch die Rationalisierung: Maschinen einsparen oder recyclen zum Wohle des großen Ganzen (vielleicht ein Kollektives "Bewusstein" ), so eine Demontage einer Maschine dürfte doch manchmal sinnvoller sein als die Zerstörung, im Hinblick auf ein effizientes Recycling. Es wäre nur ein nötiges Mittel zum Überleben und "die Abwesenheit von Krieg" ;) Ja das läuft auch auf Maschinen-Suizid hinaus, so wäre das halt. Würde in so einer Welt ja auch keine/n jucken.

    Ist das Frieden?? Ich sag JEIN!

  9. Merlin says:

    Was mir dazu einfällt, ist diese Stelle in Neuromancer als die KI meint, sie plane keine Dinge sondern reagiere darauf, ich denke mal das is in etwa das, was diese Bots getan haben, sprich es ist nicht so dass sie im voraus planen könnten "wie versorge ich mich dauerhaft selbst" sondern auf einen Energieausfall reagieren müssten. Was sie dann wiederum nich können.

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