Ich kann es nicht mehr hören. Gentechnik hier, Gentechnik da, Mimimimimi. Wir werden alle sterben. Und offensichtlich völlig undifferenziert und ahnungslos. Als transhumanistisch interessierter Mensch bleibt mir übrig zu sagen: Wisst ihr eigentlich, gegen was genau ihr da anschreit? Sieht man sich die Sache aus dystopisch-cyberpunkischer Sicht an, ist da zum einen ein multinational-operierender Konzern (Monsanto), der kleinen Bauern mit Lizenzen und Patenten das Leben mies macht. Nicht schön, und im Sinne der Cyberpunk-Kultur kann auch ich das nur mit dem Prädikat Turboscheisse deklarieren. So weit sind wir uns einig, schätze ich.
Nun aber mal etwas ab von der (berechtigten) Skepsis gegenüber Großkonzernen, die die Demokratie unterwandern (das tun sie, ist schlimm genug, die sind aber eben auch nur ein Teil des Angstmacher-Eisberges), hin zum Kernthema: Der Veränderung von Genmaterial unserer Nahrungsmittel.
Aus Sicht des Transhumanismus lässt sich ein Gedanke einfach nicht negieren: Wenn wir dem Hunger der Welt mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln entgegentreten können, warum – um alles in der Welt – sollten wir das denn eigentlich nicht tun?
Anders gefragt: Brüllt ihr nur, oder WISST ihr? Wo sind sie, die Todesmeldungen von Menschen, die GenTech gegessen haben? Wo sind die Studien, die eindeutig belegen, das gentechnisch-veränderte Lebensmittel krank machen? Schreit das ganze Land nur deshalb, weil sich mit Anti-GenTech so prima anti-amerikanisch daher reden lässt, oder gibt es ein Fundament für die Ängste, die 88% der deutschen Bevölkerung umtreiben? Mir kommt es oft so vor, als wäre es schick zu sagen: Gentechnik ist scheisse. Wenn ich dann aber frage: Warum? …kommt meist nix dabei rum, außer wagen Aussagen wie Ja, weil keiner weiß was die Zukunft bringt. Ist ja auch richtig. Irgendwie. Nur: Auch am CERN haben sie einen Urknall produziert, und es hätte schief gehen können. Auch Googles automatisierte Kraftfahrzeuge können uns morgen die Kontrolle entreißen und uns gegen die Wand fahren lassen. Sich hinzustellen und zu sagen Ja, es birgt Risiken, dabei aber zu verschweigen, dass es auch Chancen bieten kann, ist für mich keine Argumentationskette, mit der ich aus wissenschaftlicher Sicht zufriedengestellt sein kann. So gar nicht.
Damit man mich richtig versteht: Auch ich habe NULL Ahnung, ob GenGrühnkohl noch genau so scheisse schmeckt, wie natürlicher, ob er mich grün werden lässt, oder mir in 25 Jahren Kohl-Gewächse aus den Ohren gucken werden. Aber zumindest weiß ich,… dass ich nichts weiß. Und solange das so ist, stelle ich mich auch nicht hin, und sage: GenTech ist scheisse. Solange sage ich: Ein gesunder Skeptizismus ist nie verkehrt, gerade was neue Technologien angeht. Ein Gedankengang lässt mich in dem Kontext aber nicht in Ruhe: Die (verdammte) christliche Prägung! Ist es SO abwegig, dass ich bei dieser Gen-Diskussion dauernd denken muss, dass unser (leider Gottes) immer noch christliches Weltbild uns den Konflikt / den Dialog derart verkompliziert, dass keiner mehr sachlich diskutiert, sondern sich alles nur noch um Schlagwörter und Anti-Amerika dreht? Macht es den Christen – und ihren Nationen – Angst, dass sie erstmals in der (kurzen!) Geschichte des menschlichen Daseins in der Lage sind, die Evolution direkt zu verändern? Spielt in dem (möglicherweise) notwendigen Diskurs über Gene und deren Veränderung tatsächlich noch die Angst vor Gottes Strafe mit rein? Ich sage: Ja! Genau so ist es. Und es nervt total.
Um die monströsen Probleme unserer Welt zu lösen, brauchen wir auch neue Technologien. Das ist meine Überzeugung. Nicht um jeden Preis, aber ohne geht es nun mal auch nicht. Nennt das Techno-Optimismus; ich erhebe keine Einwände, nur möchte ich als skeptischen Techno-Utopisten geschimpft werden. Blinder Glaube an den Fortschritt, das ist nicht meins. Die lauthalse Verneinung – ohne wirklich Ahnung vom Thema zu haben – , aber noch viel weniger.
Ich kann also die Quo Vadis-Frage oben in der Headline auch nicht in 500 Wörtern beantworten. Was ich aber kann, dass ist das hier: Euch einige Textstellen aus einem Text drüben bei Die Achse des Guten hier einzukopieren (Das ist dem Broder seine Klitsche; irgendwie haben die oft Themen, die den NeoCons in die Hände spielen, ich kann den nicht so wirklich leiden, tut aber gerade nicht viel zur Sache, nur damit ihr wisst, dass ich auch diesen Text mit ganz ganz langen Zähnen gelesen habe) Here we go:
Obwohl auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen angebaut werden, ist bisher kein einziger seriös recherchierter Fall dokumentiert worden, in dem ein Mensch durch gentechnisch erzeugte Produkte oder den Konsum von Gv-Pflanzen Schaden genommen hätte.
Es gibt keine Messergebnisse, nach denen die beanstandeten Eier unerwünschte Inhaltsstoffe hätten und auch keine plausible Theorie, wieso Gesundheitsrisiken zu befürchten sein sollten. Trotzdem schaffte es die Meldung von den „gentechnisch verseuchten“ Eiern, oder auch kurz „Gen-Eiern“, in die Nachrichten wohl nahezu aller TV- und Hörfunknachrichten sowie Printmedien.
Nur um es final noch mal auszuformulieren: Ich bin kein Freund von Monokulturen, auch nicht von veränderten Lebensmitteln die langfristig krank machen könnten, und ebenso nicht von NeoCons wie Monsanto. Aber noch viel weniger kann ich es leiden, wenn das Kollektiv mal wieder 'ne Sau durch's Dorf treibt. Die möglichweise ein goldenes Kalb sein könnte, die Sau sein könnte, die mehr Menschen sättigt, als gedacht.
So.
Jetzt fresst mich, sagt mir wo der Denkfehler liegt und was ich nicht berücksichtigt habe.
- Bild: Gen-Leuchte-Katze. Aus diesem Internet.