Living in Cyborgia


Neulich bin ich via Twitter auf einen wirklich toll ausformulierten Artikel zum Thema Cyberpunk – und warum wir mitten drin stecken gestoßen. Peter Hinzmann fasst auf seinem gleichnamigen Weblog das in Worte, was mich speziell in diesem Jahr auch sehr beschäftigt.

Platt formuliert: 2011 ist das Jahr, in dem Cyberpunk real wird. Ich habe dieses Jahr zu dem Thema unzählige Artikel runtergetippt; bzw. angefangen sie runterzutippen. Die Headlines dazu waren recht überschwänglich. Sowas wie: Cyberpunk lebt! oder 2011 – Year of Cyberpunk!. Und immer dann, wenn mein Geschreibsel gerade irgendeinen Sinn ergab, ist wieder was total wildes passiert (was, …das muss ich euch jetzt nicht wirklich erzählen. Hoffe ich). Jedenfalls spiegelt der Artikel ziemlich exakt meine Gedankenwelt wieder, die ich mir in Zeiten von Anonymus, Wikileaks und Weltrevolution in meinem Gehirns zusammengebaut habe. 

Zum Setting in Cyberpunk-Welten/Romanen schreibt Peter  zum Beispiel: 

Die Umwelt wurde bis zur Quasi-Terminierung geschunden: verseuchte Luft, verseuchtes Wasser, verseuchte und genetisch manipulierte Scheinnahrung. Konflikte – seien es persönliche, soziale, politische der globale – werden am liebsten mit Gewalt gelöst, wobei die Politik nur noch scheinbar die Fäden zieht. Soziale Unruhen, Aufstände, Revolten und Kriege sind an der Tagesordnung. Gut hat es nur, wer sich mit den Gegebenheiten arrangieren kann – oder viel Geld und Einfluss besitzt.

Moment mal – das ist ja genau wie – heute.

Jau. Exakt diesen Gedankengang habe ich dieses Jahr hunderte male gehabt. Wisst ihr wie sich das anfühlt? (habe ich schon einige male hier erwähnt; aber ich kann euch ja mein Leid (?) nicht oft genug klagen) Da stehen Bücher in meinem Regal, die sind fast so alt wie ich (30). Da steht schwarz auf weiß drinne, wie dämlich unsere Zukunft mal aussehen wird. Und was is'? Es kommt genau so. Nur noch doller. Und keinen kümmert's. Nicht mal Osama. Oder Obama. Scheußlich. 

Ich lebe also in einer Welt, die fast identisch ist mit den Welten, die mich als Jugendlicher fasziniert haben. Wir stimmen wohl überein: was einem vor 20 Jahren noch wohlige Science-Fiction-mäßige-grusel-Schauer über den Rücken laufen lasssen konnte, eignet sich leider heute im nüchternen Licht der Realität eigentlich nur noch dafür, schreiend und haareraufend umherzurennen und zu fragen: "Und was NUN?!"

Lest das! Ich persönlich habe dem nicht allzu viel hinzuzufügen. Aber noch ist dieses – für mich unfassliche – Jahr ja nicht rum. Ich werde dazu noch auch was raushauen. Bald. Wenn die Nato abgeschafft ist, wir ein zweites Fukushima in der Ukraine haben und wenn Obama seine Maske abnimmt und man dahinter einen T-800 entdeckt. Wundern würde mich nämlich selbst das nicht mehr. Echt nicht.

8 thoughts on “Living in Cyborgia

  1. rollinger says:

    Du bringst es aufden Punkt mit 2011. Was wir gerade so erleben. Ein Anfang..vielelicht vom Ende oder von was Neuem.
    Der Krieg via Internet ist nicht mehr weit (schon da). Wer es schafft den Zahlungsverkehr zu blockieren hat gewonnen. Die alten Staatschefs glauben sie müssten die starke Hand auf den Straßen zeigen, dabei sind die Angreifer schon in ihrem Hirn angekommen und müssen nur nochmal richtig hinlangen.
    55,5 Mrd verrechnet. Nichtmal eine Schlagzeile in der Boulevardpresse..Bewusst nicht.
    Eigentlich alles verkorkst..ich bade mich genüsslich in meinem Fatalismus.
    und denke "seht ihr! Sagte ich doch"

  2. Chris says:

     

    "ich bade mich genüsslich in meinem Fatalismus. und denke "seht ihr! Sagte ich doch" -> Unterschreib ich so. Wenn das Badewasser nicht ab und an sowas von runterkühlen würde, dass es mir Angst und Bange wird. Und: Ich denke / fühle…der Point of no return …das könnte 2011 sein. WENN nicht noch was GANZ anderes passieren wird…

  3. Vex says:

    Speziell die Zitate, die du gebracht hast, kann man für jedes beliebige Zeitalter einsetzen, auch für jenes, das nicht mal wusste, was "Cyberpunk" ist. Folglich ist das, was in den Zitaten beschrieben wird gar nicht die Charakteristik für Cyberpunk, sondern der ganz normale Wahnsinn, dem die Menschenheit schon seit Jahrhunderten ausgeliefert ist.

  4. Chris says:

    Joa. Kommt hin. Fast. Mir wären Cyborgs, Tech-Kartelle und IT-Kriege in den letzten Jahrhunderten aufgefallen, denke ich ;)

    Aber, ja, ich weiß was du meinst. Besonders: Es wurde mehrfach, von den verschd. Menschen schriftlich prophezeit. DAS gab es so nicht. Nicht in der Form, und nicht in der zeit, in der wir / ich leben. 

  5. Vex says:

    : )
    Mir scheint, wir wären praktisch jedes mal gegensätzlicher Meinung. Sei's drum.

    Btw, ööörgendwie hat sich die Uhr "bei dir im Blog" nicht umgestellt zu haben.

  6. Chris says:

    Gar nicht. Wir ergänzen einander! ;) 

    (oh, stimmt, danke, ich schaue mal) 

  7. Peter says:

    hi chris!
    zunächst einmal vielen dank für deinen komentar auf meinem blog – und dann noch zitiert werden – vielen dank!
    die diskussion um das thema "wir sind alle cyborgs" hat mich sofort berührt – und mein diffuses gefühl lag in der cyberpunk-literatur meiner "jugend" verschüttet.
    vex hat recht: viele der "bedenken" und "ängste" lassen sich auf jedes zeitalter beziehen. nur dass – wie du es bereits sagst – die zukunft meines wissens nach noch nie so "konkret" von vielen verschiedenen quellen und autoren "vorhergesagt" wurde.
    nun leben wir tatsächlich im cyberpunk – auch wenn es nicht so schillernd und spannend ist wie im sci-fi: denn es ist unsere erschütternde realität.
    es mag auch sein, dass meine betrachtung kein "reiner" cyberpunk ist. allerdings: ich schreibe auf meinem blog auch nicht über literatur oder sci-fi, sondern über persönliche und digitale evolution.
    auf jeden fall vielen dank für das zitieren – ich werde mir dieses blog merken – und auch mal wieder einen guten CP roman zu hand nehmen…

  8. mum says:

    Der WAHNSINN, dass sind immer die Anderen!
    Schönes WE!

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