literature

(ein halber) Lesetipp: Telluria: von Vladimir Sorokin

Ein „halber Tipp“ weil: Ich habe das Buch erst ca. 20 Minuten angelesen.

Sorokin gilt für viele als der wichtigste zeitgenössische Autor Russlands. Ich bin mir da noch nicht so ganz sicher, sein Buch „Der Schneesturm“ war eher so 6 von 10. Sicher ist aber: Ost-Literatur liegt mir näher als das, was aus den USA oder aus Mitteleuropa kommt. Schon immer; mit Ausnahmen (Sterling, Stackpole, McCarthy, oder halt W. Gibson). Lem, die Strugazkis, oder den Herrn Tolstoi mag ich lieber, als vieles was „bei uns“ als große (Fantasy-) Literatur gehandelt wird (Die Tribute von Panem? – Ich bitte euch!) . Wie auch immer. Dieses Buch hier habe ich mir wegen folgendem Text bestellt (und ey, ich stelle mir das als Hörbuch vor, so mit Wodka-Stimme und düsteren Kolchose-artigen Klängen im Hintergrund…mega. Ich habe Lust das Buch komplett auf YouTube vorzulesen. Ginge das?):

Ich sitze bei Hauptmann Issanbajew in der erst diesen Morgen gegrabenen Erdhütte. Es ist jetzt Nacht, die Einheit ruht von ihrem Dreitagesmarsch aus. Wortkarg ist der Kommandeur, beherrscht. Späerlich erhellt ein „schlaues Lämpchen“ sein hartes Gesicht. Das Gesicht des Hauptmanns Issanbjew, von Narben übersät, mit dem Dirolon-Jochbein und dem scharfen roten Visor-Auge, ist das Gesicht des uralischen Volkes, das sich gegen seine Okkupanten erhoben hat, es ist das Gesicht des Befreiungskampfes, der wie ein Buschfeuer in diesen Tagen nicht nur die Ausläufer des Süd-Urals, sondern auch schon den Nord-Ural ergreift. Während er aus dem zerbeulten Feldbecher seinen geliebten Oolong schlürft, berichtet der Kommandeur ruhig von ihren kühnen Vorstößen ins Hinterland der Weißgardisten, den Sprengungen befestigter Posten und Eisenbahnstrecken, dem kürzlichen Nahkampf mit den Wahhabiten und den mongolischen Landungstruppen, die im Handstreich von ihnen überwältigt wurden. Die lakonischen Antworten des Hauptmanns nehme ich nach alter Väter Sitte auf: mit Bleistift und Papier. Gripse sind in der Abteilung strengstens verboten.

Gripse? Visor-Augen? Und später im Buch: Köln von Taliban besetzt?

Genau sowas brauch‘ ich gerade. Rationale, osteuropäische Arschloch-Apokalypsen-Literatur. Mitten in der Apokalypse. Zwei Storys habe ich schon durch (das Buch besteht aus lauter lose verknüpften Geschichten,..was ich eigentlich eher doof finde. Na mal sehen..), und die zeichnen weniger ein post-apokalyptisches Bild, denn viel mehr ein Mittendrin-Apokalypsen-Bild, CulturClash und all‘ der Angstmacher-Mist ´- der auch solcher bleiben soll. Jedenfalls: Super! Bisher. 

(Kein Amazon-Link, ihr könnt das selber, ihr freien Anarchisten der 3. Facebook-Brigade :)41yGs0ask-L._SX304_BO1,204,203,200_

Making of Californium / Neue Level bei ARTE Creative


Kurz vorab: Hier ist ein arte-Player eingebaut. Der kommt im Feed nicht an. Und: Der läuft hier auf Autoplay, und ich kann da nix für weil technisch unbegabt. So.

Ich hab‘ keine Lust zu tippen. Hier steht worum es geht:

Teil 1 des Making Of zu Californium: Brice Roy, Kreativdirektor des Spiels sowie Thibault de Corday, einer der Drehbuchautoren, erklären die Entstehungsgeschichte des Videogames Californium. Was muss der Spieler beachten in der Dick’schen Welt, die aus den Fugen gerät, in der sich die Wirklichkeitsebenen verschieben und auflösen? Wie viel Doktor Faustus steckt in Elvin Green, der durch verschiedene Spiel- und Wirklichkeitsebenen wandern muss?

Und was echt nice ist, ist das hier:

Ab 16.2.2016 bei ARTE Creative alle zwei Wochen ein neues Level in der Gratisversion oder bei STEAM in der Bezahlversion zum Downloaden.

Ab dem 16/02 bin ich am Start. Ich liebe Dick, – dessen Leben hier verspielt wird – und auch der Comic/Cell-Shade-Look kann echt was:

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Hörbuch-Review: Cryptonomicon

(Mit freundlicher Unterstützung von Audible)

Was hab' ich nicht von Neal Stephenson alles gelesen: Snow Crash, Diamond Age, ConfusionQuicksilver und natürlich das epochale Werk Cryptonomicon. Sicher zwei oder drei mal. Und seit Wochen höre ich nun das Hörbuch dazu. Seit Wochen? – Ja, korrekt, Abends im Bett. Und ich sage euch auch, warum sich das so zieht: Es hat 'ne Spieldauer von 47 Std. 44 Min !!! ;) Kurz zum Buch: Neil Stephensons geht mit Cryptonomicon an die Grenzen der Lesbarkeit: Fast 1.200 Seiten is der Wälzer fett, da wird das Handling des Buches schon zur Aufgabe ;) Wer etwas für Coding, Kryptographie und Numerologie übrig hat: Ein besseres Buch werdet ihr nicht mehr lesen. Wahrscheinlich. Schon mal eine mathematische Abhandlung über wiederkehrende Ejakulations-Zyklen gelesen? Sechs Seiten am Stück? Mit Formeln und Thesen und Humor, der ab und zu so klug ist, dass man ihn glatt überliest (beim Hören geht das ob der grandiosen Vertonung sehr viel besser). Es gibt grob gesagt zwei Handlungsstränge: Waterhouse  – leicht autistisch, ich tippe auf das Asperger – ist ein Geheimdienstmann der Alliierten; Waterhouse konstruieren während des Krieges gegen die Achsenmächte die ersten Computer, trifft Touring und andere Kaliber und möchte doch so gerne nur ein einziges mal den Beischlaf vollziehen. Die von ihm erbauten Computer – besser Rechenmaschinen – dienen keinem anderen Ziel als die Funksprüche der Deutschen zu entschlüsseln. Erst sehr viel später verkaufen die Nachfahren von Waterhouse im Silicon Valley Soft- und Hardware, gründen in den 90er ein Art Datenhafen.

Einschub: Die visionäre Kraft des Romans ist Wahnsinn: Was Stephenson da alles voraussagt, wie sich das Netz und die Menschen mit dem Netz entwickeln werden… stimmt alles; das kann man auch heutiger Perspektive durchaus sagen: Teile der NSA-Verschwörung, Snowden, Endverschlüsselungen, der Bedraf nach sicheren Leitungen… alles drin im Buch. Was mehr als 15 Jahre alt ist. 

In zwei parallel erzählten Geschichten schreibt Stephenson von mehreren Kriegen, die Teile des Zweiten Weltkriegs waren. Pearl Harbor, der Abwurf der Atombomben auf Japan, und welche Konsequenzen dieser für die Philippinen hatte: Alles drin. Japaner gegen Amerikaner. Japaner gegen Zivilbevölkerung. Alle gegen die Grausamkeit des Dschungels. Der Krieg der U-Bootfahrer (mit dem großartigsten aller deutschen U-Bott-Kapitäne, ever) wird erzählt genauso wie der Krieg des Generals Douglas MacArthur. Am wichtigsten aber ist die Geschichte, die dem Roman das Gerüst bietet: Der Krieg der Verschlüsselungsexperten. Der Clou: Die Verbindung zwischen den beiden Geschichten in den vierziger und neunziger Jahren ist das Gold, das die Japaner im Pazifik versteckten, bevor ihr Reich und ihre Herrschaftsansprüche atomisiert wurden. Die mit Abstand besten Momente des Buches sind die Schilderungen der Erlebnisse des Soldaten Shaftoe. Er ist das Paradebeispiel des amerikanischen Marines. Wie in der Hymne der Marines war er von Guadalcanal bis Afrika und den weiteren Schlachten im Pazifik und der Nordsee an allem beteiligt, was ein Soldat nur sehen konnte. Besonders ein traumatisches Erlebnis vor einer Höhle auf Guadalcanal lässt Shaftoe, der ansonsten jedoch unendlich stoisch, leidensfähig und drogensüchtig ist, nie wieder los. Mit ihm zeichnet Stephenson den Prototyp des Marine-Helden ohne dabei die Grenzen zu blindem Pathos und Lobhudelei auch nur zu streifen; traumatisiert doch mit reinem Herzen, Voll-Assi und trotzdem schwer verliebt…Da fällt mir Goto Dengo ein: Einer Art japanischer Shaftoe-Klone, der in weiten Teilen aufgrund seiner östlichen Zurückhaltung noch 'ne Ecke trockener – und damit humoristischer – weggkommt. 

Übrigens: Man munkelt das Stephenson mit der Ausarbeitung des Charakters Waterhouse eine/die Vorlage für Sheldon Cooper geliefert hat ;)

Fazit: Egal ob man sich für Popkultur, für den zweiten Weltkrieg, für Daten und Verschlüsselung interessiert, oder ob man Bock auf 'ne humoristisch-fatale Lovestory hat: Das Buch – als auch das Hörbuch – meisterhaft gelesen von Detlef Bierstedt – kann was.

Ich zähle es zu meinen fünf liebsten und hör' und les das sicher nicht zum Letzten male. Hier das Cover, den Link zum Hörbuch gibt es danach.

Unbenannt

Schlaue Sprüche

Ich zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, wirklichen Leben näher zu treten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hätte, damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte. Ich wollte nicht das leben, was nicht Leben war; das Leben ist so kostbar. Auch wollte ich keine Entsagung üben, außer es wurde unumgänglich notwendig. Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen, so hart und spartanisch leben, dass alles, was nicht leben war, in die Flucht geschlagen wurde.

Walden, Seite 98. Lese ich nun zum 4. male. Wird immer besser.

In zwei Wochen mache ich es wie der Autor (Thoreau), wenn auch nicht zwei Jahre lang; aber schon einige Tage \o/

Auch gut: Nachdenkliche Sprüche mit Bilder auf Facebook ;)

Dürfen Elfen Nazis küssen?

Saubere historische Recherche trifft auf eine starke Phantasie. Ob da was draus werden kann?

Und ob!

Patrick R. Ullrich hat den zweiten Weltkrieg historisch korrekt beschrieben und sich dabei akribisch an die tatsächlichen Begebenheiten gehalten.

Parallel dazu beschreibt er den Konflikt auch in der mittelalterlich-magischen Welt von Thule, der P. Ullrich auf seine ganz eigene Art Leben einhaucht, indem er geschickt die Geschehnisse in beiden Welten vermischt. Dabei wirds weder trashig, noch lässt es der Autor an Respekt vor diesem schwierigen Thema mangeln. Aktuell schreibt er am zweiten Teil der Reihe.

Ein wirklich gelungenes Crossover.

bookpunks.com

Unbenannt

…neulich meldet sich unter meinem Artikel Erich Mühsams ‘FANAL’ eine gewisse Nikki. Sie macht mit bei den 

bookpunks.com

Über die Seite:

Book Punks are feminists, anarchists, nomads, critical thinkers, academics, high-school drop outs, free-spirits, freaks, geeks, pirates, and bohemians. Book Punks are writers, librarians, editors, time travelers, magicians, book sellers, and lovers of the written word. Book Punks are obsessive, kind, respectful, subversive, and open-minded. – We are Book Punks.

Mag ich. Auch noch nach dem dritten Besuch. Guckt mal rein da.

Erich Mühsams ‚FANAL‘ online lesen

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Die Zeitschrift Fanal wurde mit dem Untertitel Anarchistische Monatsschrift ab 1926 bis 1931 von Erich Mühsam als Nachfolgeblatt der Zeitschrift für Menschlichkeit, Kain, herausgegeben.
Fanal wurde fast ausschließlich mit Mühsams eigenen Artikeln bestückt. Trotzdem wurde sie als Organ der Anarchistischen Vereinigung geführt. In seiner Zeitschrift sowie auf Vortragsreisen äußerte er sich besorgt über den Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und bemühte sich um eine Art Verständigung der proletarisch-revolutionären Bewegungen. Zeitweise arbeitete Mühsams Untermieter, der junge Herbert Wehner, an der Zeitschrift mit. (wiki)

Die pdfs habe ich mir alle aufs iPad gezogen und schmökere nun Abends auf dem Sofa in längst vergangenen Utopien aus einer Zeit, in der Anarchie nicht nur eine Idee war, sondern eine Richtung. Leider kam uns dann der Adolf dazwischen. Und ist falsch abgebogen. Der Idiot.

Wie auch immer; ich bette hier mal die erste Ausgabe ein; nach dem Link gibt es dann die weiteren Hefte als Download, zunächst mal die von 1926 & 1927.

[gview file=“http://doktorsblog.de/wp-content/uploads/2015/01/Fanal_1._Jahrgang_01_-_12_1926-27.pdf“]
  • Link: a-bibliothek.org
  • UPDATE: Hach, ich mag seinen fatalistischen Anarchismus (wenn es sowas gibt) so gerne: Wenn ihr eure Ketten nicht zerreißt, – von selber brechen sie nicht! ♥
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