Pinterest. Der Vollidiot!

Ich möchte mich erklären. Ich schimpfe ja nicht einfach nur so. Also schon. Nur in dem Falle auch aus Gründen. Ich halte Pinterest für einen blöden Vollidioten.

Neulich fragt mich die liebe Christiane was ich denn von Pinterest so halte, auch marketingtechnisch. Da wusste ich nicht so viel zu zu sagen. Erstens habe ich keinen Account bei den Vollidioten, zweitens lassen mich die Whitepaper und Best-Practice-Marketing-Beispiele an den Marketingfähigkeiten des Tools zweifeln. Was nicht heißt, dass es sich entwickelt, und für Marketing-Menschen doch noch zur Cashcow werden könnte. Bisher sehe ich aber da wenig Chancen und auch keine Notwendigkeit, mich tiefer in die Materie reinzufuchsen. Andere Kanäle funktionieren schlicht besser. Doch das ist nicht der Grund für meine gemeingefährliche Betitelung. Den kann man vielleicht besser nachvollziehen, wenn ich ein paar Worte zu dem Screenshot hier oben anfüge. 

In Zeiten von ranzigen Urheberrechts-Diskussionen…, in Zeiten, in denen man mit einem Klick die künstlerischen Fähigkeiten eines anderen als seine eigenen Verkaufen kann,… in Zeiten, in denen eine Quellennennung wichtiger ist als je zuvor…in solchen Zeiten geht mir ein Tool wie Pinterest einfach nur auf den Sack. Was denken die, warum kleine Blogger wie ich über Jahre tausende von Mails an abertausende Künstler geschrieben haben? Warum habe ich in 896 Blogartikeln den Künstler genannt? Weil es geht? Nein. Weil es sich so gehört! (ich werde in zwei Wochen 31. Wenn ich solche Sätze dann bald öfters sage, köpft mich doch. Bitte. Danke) 

Wenn die doch eh schon nix daran verdienen, dass wir alle deren Werke verbloggen, verbrasseln und vermashuppen, ist es weder eine Frage der Ehre, noch eine Frage der Intelligenz, dass man – wenn möglich –  sagt Hey, schaut her, ich zeige euch das, …aber der hier (oder die hier) sind die Urheber, …die sind die, mit dem Talent, …sind die, die eure Kudos, eure Huldigungen und eure Bewunderung verdient haben. Das ist schlicht und einfach faires Verhalten. Das hat Gültigkeit; auch (und gerade!) im Jahre 2012. Davon bin ich fest überzeugt.

Schon Tumblr ist und war mir sehr oft ein Dorn im Auge. Auch da werden Kunstwerke einfach irgendwo heruntergeladen, in das eigne Schrott-Reblog-Tumblr-Blog geklebt, und dann wird gesagt Guckt, was ich geiles habe! Und wem ich es geklaut habe, ist mir doch sowas von scheissdrecksmistegal. Nicht, dass ich das mit einigen Blogartikeln und Tumblr-Postings nicht auch selber schon mal so gemacht hätte. Dennoch habe ich jedes verfickte mal zumindest versucht, herauszukriegen, wer denn hinter dem genialen Bild oder dem umwerfenden Kunstwerk steckt. Wenn ich doch schon was vorzeige, was ich weder selbst gemacht habe, noch sonst irgendwie am künstlerischen Schaffensprozess beteiligt war, dann ist es doch wohl echt das allermindeste, mal mit dem Finger (dem Link) auf den Macher oder den Künstler zu zeigen. Und zu sagen: Gehet hin, und sagt ihm, dass er toll ist! Kunst und Kultur funktioniert meist ganz gut mit 'nem Feedback-Kanal, so meine Erfahrung. Stellt euch doch mal vor, all die Künstler und Freischaffende würden nie gelobt werden; würden nie erwähnt werden…. was denkt ihr, was passieren würde? Genau: Weniger Farben, weniger Werke, weniger Kultur, weniger Kunst, weniger Freude! Für uns alle. Nicht nur für die Schaffenden. 

Und dann kommt Pinterest. Mit solchen tollen Bilderpools wie dem hier oben. Ja, stimmt schon: Da sind sicher 30% der Bilder auch mit eventuellen Quellenangaben versehen. Eventuell deshalb, weil die Quelle in den meisten Fällen ein Tumblr ist, ein Blogartikel ist, oder ein Sammelpool von Kunstwerken ist. Ob man dann über diese Schein-Quellen die echten und respektablen Künstler herauskriegt, steht noch mal auf einem ganz ganz anderen Blatt. 

…wie schön wäre es doch, wenn ich zumindest zu 90% herausfinden könnte, von wem denn die Bilder, die man hier oben auf dem Screen sehen kann, denn eigentlich und ursprünglich sind! Denn: Ich würde nur zu gerne mal bei den Machern vorbeigehen und Danke, dafür sagen! Übrigens habe ich gefühlte 80% der Bilder hier im Blog. Mit Verlinkungen, Credits und dem persönlichen Mehrwert, mit den Künstlern zumindest mal einen kurzen Dialog geführt zu haben. So wie sich das nach meinem (verkappten und persönlichen) Verständnis von Fairness gehört. 

Echte Künstler möchten das ihr Werk gesehen wird. Mehr nicht.

Ja sicher. Und der Weihnachtsmann ist von Pepsi. Natürlich ist an dem Spruch auch was dran. Aber ey, was kostet es mich, mal kurz zu googeln, einen Link zu setzten? 30 Sekunden? Eine Minute? Es kostet mich Zeit, ja. Die (mögliche) Freude, die ich aber einem Künstler mit dieser kleinen Aufwendung mache, ist weder bezahlbar noch kann man diese in eine Waagschale werfen. Denn die haben es sich einfach verdient. So oder so. Nicht ich, nicht mein Blog, nicht mein Feedreader und schon gar nicht mein Tumblr-Blog mit zwölfjährigen Hungerhaken-Mädchen. 

…vielleicht ist Pinterest aber auch nur eine Ausgeburt der höllischen Neuzeit. Vielleicht muss das so. Vielleicht habe ich etwas nicht kapiert. Oder vielleicht bin ich auch einfach nur zu alt für diesen Humbug. Mag ja alles sein. Gut finden, muss ich diese Entwicklung aber dennoch nicht.

Für mich ist und bleibt Pinterest genau aus diesen Gründen ein Vollidiot: Ich will wissen, wer mir eine Freude macht. Denn: Vielleicht kann ich mich ja irgendwann mal sogar mit einem Link oder einen Nennung bei dem Freudenmacher revanchieren! Miteinander, statt jeder für sich, und so. 

Das wär' mal wieder schön. Ihr bunten Bildereinklebspinner. 

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20 thoughts on “Pinterest. Der Vollidiot!

  1. rollinger says:

    Volle Zustimmung.
    Gestern bedankte sich jemand bei mir, weil ich das ihn darauf hinwies, dass ich dasselbe twitterte wie er, aber ihn nicht als retweet hatte, weil ich das erst hinterher sah.

  2. el-flojo says:

    Hmnaja, so richtige Quellenangaben machst du hier im Blog aber auch nicht, oder? ;)

  3. Chris says:

    Doch, natürlich. 

    http://doktorsblog.de/tag/kunst/

    90%. Sag ich ja. 10% "versucht" was rauszukriegen.

    Und in den meisten Fällen steht die sogar direkt in der Headline…

  4. el-flojo says:

    Die 10% darfste dann ja eigentlich nicht zeigen. Und bei den anderen müsste ja eigentlich auch noch auf Lizenz/Copyright hingewiesen werden, oder?
    Ich find das ja teilweise auch übertrieben, aber du hast die Latte ja gerade eben selbst so hoch gelegt. ;)
    Und nun zu etwas völlig anderem: Wochenende! ;)

  5. Chris says:

    Da hast du recht. In der Tat verbloggte ich manches gar nicht, weil mir der Urheber nicht klar war. a) aus "Angst vor Strafe" und b) aus Respekt vor der Kreativität.

    Und schau mal, wie oft ich ein © hier drinne habe: http://doktorsblog.de/?s=+%C2%A9

    Fast Tausend mal! ;) 

  6. el-flojo says:

    So weit kann ich ja gar nicht zählen! ;)

    Und die 10% schieben wir Max in die Schuhe, dem alten Verbrecher.

  7. Chris says:

    Haha, ja, 

    wobei: Der hat keine Probleme damit, der verbloggt ja eh nur Tragik, Drama und Nazis ;) 

  8. bod says:

    Ich sehe das genau so. Ich schmeiße nahezu alle meine Arbeiten kostenlos durch das Web und stolpere durchaus öfter einmal über ein Video das einen Track von mir nutzt. Leider habe ich den Vorteil das es nur ein Hobby ist und ich nicht davon leben muss. Andere Künstler könnten die Aufmerksamkeit wirklich gebrauchen um ihre Rechnungen zu zahlen. Aber daher freue ich mich immer wenn jemand per Mail anfragt. Einfach weil ich es dann auch mitbekomme und mir angucken kann. Es ist eben für jemanden auch schön zu sehen das sein Einsatz irgendwo einen Zweck erfüllt.

  9. Chris says:

    Genau darum geht es mir: Kunst hat für ich auch immer (es mag altmodisch klingen) etwas würdevolles, etwas was ich "zu würdigen weiß". Und Pintrest tut alles. Nur das nicht. 

  10. Marco says:

    Ich liebe dich für diesen Artikel wieder ein bisschen mehr. 
    Ich dachte lange, dass Tumblr das Unterschichteninternet sei, aber Pinterest hat mir echt bewiesen, dass es noch dümmer geht, noch einfacher, noch bequemer. Bloß nicht mehr denken, einfach in den Äther hauen. Nicht anschauen und geniessen, sich kümmer, einfach nur weiterpusten.
    Ich kotze.

  11. Chris says:

    Punktiert geschrieben, Herr Affe. Wir kotzen gemeinsam.

  12. Marcel says:

    Don't hate the player, hate the game.
    Wenn ich will kann ich meinen Pinterest Account genau so gut mit Quellen befüllen wie meinen Tumblr oder Blog. Wenn ich das nicht mache, ist das nicht schön, (Da stimme ich dir zu) aber dafür kann ja Pinterest nichts für. Jeder kann seinen Blog mit Bildern füllen ohne Quellenangaben zu machen. Machen ja auch viele. Aber deswegen das Medium Blog hassen? Ich kann den Blogger nur mit nichtbeachten strafen.
    Das einzigste was man Pinterest vorwerfen kann ist das es das ganze sehr einfach gestaltet.

  13. Chris says:

    Irgendwie richtig ja. Aber "das einzige" ist ja auch das Thema des Artikels. Ich schrieb eben auf Facebook dazu:

    "Aber Pinterest forciert doch gerade diese ""ungewohnte verantwortung" dermaßen. Das ist doch der Punkt. Und von den Usern "mehr Grips" zu fordern, ist im Jahre 2012 wohl utopisch. Warum nicht was bauen, was "easy von der Hand geht", trotzdem aber fair bleibt. Oder steht beim Anmeldeprozess was von "wäre nice wenn du den Scheiss hier nicht als deinen eigenen darstellst, sondern auch mal ne Quelle nennst" !? Ich weiß das nich, hab keinen Acc… Ich mag doch microblogging genau so…nur wer sagst, dass diese "neue Technik" "unfair sein muss"? Nur die, die damit schnelles Geld und Fame machen wollen"

  14. Marcel says:

    Stimmt alles. Aber ich finde man kann seinen Pinterest-Account genau so gewissenhaft führen wie den Blog. Wenn man das so macht, find ich das als weiteren Kanal legitim. Aber du hast natürlich Recht damit, dass Pinterest einen nicht auffordert die Quelle zu verlinken.
    Da wäre aber die Frage zu stellen ob das Pinterests Aufgabe ist oder die der User.

  15. Chris says:

    Wieder richtig. Deshalb mein Apple Appell. Ok, klar, ich hätte nun auch "User von Pinterest sind Vollidioten" schreiben können. Mein Rant geht aber in Richtung "Technik", und warum sie nicht immer optimal passt, auch wenn man sie als "zeitgeistig" verstanden haben mag. 

  16. Chris says:

    Und, klar wäre das löblich, wenn die User das Tool AUCH zur Quellennennung nutzen würden. Tun sie aber nicht. Und warum? Weil es so einfach, unkompliziert, oberflächlich und unfair ist. Wie gesagt ;) 

  17. Marcel says:

    Jo, muss dir da (leider) recht geben. Der Trend geht ja immer mehr dem streamlinen (schlimmes Wort) entgegen. Da bleibt so manches auf der Strecke.

  18. rollinger says:

     
    Pinterest hat im April erstmals einen Nutzerrückgang um rund 25 Prozent verbucht. Das zeigt eine Analyse von Appdata.
    http://www.golem.de/news/pinterest-zahl-der-aktiven-nutzer-geht-stark-zurueck-1204-91355.html

  19. Chris says:

    Ha! Schadenfreude. Darf man auch mal. 

  20. Thomas says:

    Ich teile die Ansicht, dass die Nicht-Nennung der Primärquelle/des Künstlers, problematisch ist. Credit, where credit is due
    Da ich mich selbst mit dieser Art von Seiten aus Sicht des Entwicklers beschäftige (luvitt.com): Was wäre eurer Meinung nach eine Lösung dafür?
     

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